Liebe Laura,
Du schreibst mir, dass Du Deinen Glauben verloren hättest. Ich muss Dir sagen, da geht es mir nicht viel anders. An was soll man eigentlich noch Glauben, an Zeitungsmeldungen, an die Tagesschau? Du kannst das tun, ich mache es auch so, aber letzte Wahrheiten werden uns wahrscheinlich vorenthalten, weil diese Journalisten und Experten dies auch nicht im Säckel haben. Es soll ja Leute geben, die an das glauben, was der Handy ihnen ungefragt aufs Display spült. Laura, ich hoffe sehr, dass Du diesen üblen Dealern von zweifelhaften bis verlogenen Nachrichten, nicht glaubst.
Ich denke, seit die Menscheit sich artikulieren kann, wird munter drauflos geflunkert. Ich habe das Alte Testament gelesen und muss sagen, es sind sehr gute Geschichten, es ist sogar so eine Art von Gesetzbuch, man denke an die zehn Gebote. Glaubst Du der liebe Gott hätte sich soweit herabgelassen, um uns Erdwürmer auf den rechten Weg zu weisen. Trotzdem, auf alle Fälle hat die Bibel kein Dummkopf geschrieben, sondern jemand, vielleicht waren es auch mehrere über die Jahrhunderte hinweg, der die Menschen auf einen friedvollen Lebensweg leiten wollte. Das ist auch nicht völlig misslungen. Manchmal waren die Schriftgelehrten allerdings auch nicht ganz frisch im Kopf: da heißt es, du sollst nicht töten, so ähnlich steht es auch im Koran. An anderer Stelle heißt es die Ketzer muss man ausrotten, man denke an den üblen Bibelsatz, Auge um Auge Zahn und Zahn und an die Scheiterhaufen des Mittelalters. so etwas kommt nicht von Gott. Für mich ist das alles ein deutliches Indiz, dass die heilige Schrift Menschenwerk ist. Und dagegen ist eigentlich gar nichts zu sagen. Die Inspiration kam von Gott, oder sagen wir es anders, aus der Natur, aus Gefühlen, mehr noch, dem logischen Denken und der Vernunft. In der Bibel sind viele Fehler zu finden und das ist gut so. Es ist vor allem demütig, denn der Mensch sollte nicht dem Wahn verfallen, er wäre unfehlbar. Es ist auch bekannt, dass der Papst in Glaubensangelegenheiten unfehlbar ist. Der Papst ist ein Mensch und stellt sich mit seiner Unfehlbarkeit direkt neben seinen Gott. Man könnte sagen, das ist Größenwahn, aber nein, es ist allenfalls “Ordre de Mufti!”
Na ja, jeder soll glauben was er will. Wobei der Glaube an Gott, an Jesus das Grundgerüst unserer Kultur ist. In anderen Religionen, wie dem Islam ist es genau so. Das Christentum, Judentum und der Islam, sie sind ganz bestimmt kein Teufelswerk sondern wurzeln von Kultur und Identität. lIch will nun aber einflechten, wenn es keinen Teufel gäbe, hätte man nie Gott erfinden müssen. Für mich ist Gott etwas Übersinnliches, nicht Greifbares. Die meisten Menschen brauchen jedoch etwas Greifbares, etwas das man schauen und befühlen kann. So kam die frühe Malerei in unsere Welt und selbst wenn man sich die Höhlenmalereien der Steinzeit anguckt erblickt man ebenfalls Religion. Diese vielleicht im Sinne eines Baruch Spinoza, den ich sehr verehre, dass nämlich Gott in uns, um uns, in jedem Tier und in jeder Pflanze und Landschaft steckt.
Liebe Laura,
rede niemals gegen den Glauben eines anderen, er braucht seinen Glauben, ohne Glauben wäre die Menschheit chancenlos. Das wäre das eine, das andere wäre aber die große Sünde des Monotheismus. Juden, Christen und Muslime beharren auf ihren echten, einzigen Gotte. Deshalb die ständige Kämpfe und kam zu Millionen Toten im Namen der Rechthaberei. Großes Lob spende ich den Juden. Sie sind sie die einzigen die nicht missionieren. Das Missionieren ist eine der größten Sünden der Menschheit, und diese Sünde steht nicht in der Bibel, denn sie ist, wie der Koran und die Thora auch ein Brevier für Machtausübung. Da die heiligen Schriften der drei Religionen mehr als einige Fehler aufweisen, wünsche ich mir eine Auslegung, die dem Volk das empfiehlt was nicht widerlegt werden kann. Es geht nicht an, dass der christliche Glaubensmann sich die Heilige Schrift so interpretiert, zusammenschnitzt wie es ihm gutdünkt, das gilt auch für Pastoren, Imame, den Vatikan und für jeden Rabbi.
Liebe Laura,
Dir geht es wie mir, man sitzt immer wieder einer Falschmeldung auf, weil sie einem gerade in den Kram passt. Jeder liebt seine eigene Meinung, überhaupt wenn sie von anderen zugerufen wird. Dies allzumenschliche kannte Francesco Petraca vor über 700 Jahren auch schon.
Seine absolut kurzgefasste Biographie geht so:
“Die Kindheit betrog mich, die Jugend verdarb mich, das Alter hat mich gebessert und mich am eigenen Leibe erfahren lassen, dass es wahr ist, was ich so oft gelesen, dass Jugend und Lust eitle Dinge sind – das Alter, oder besser er, der Herr allen Lebens und aller Zeiten, der die armen Sterblichen in ihrer leeren Aufgeblasenheit bisweilen in die Irre gehen lässt, damit sie so, freilich oft erst spät, ihre Schwächen fühlen und sich selbst kennenlernen.
Liebe Laura,
bitte entschuldige, dass ich mit diesen Zeilen letztlich auch missioniert habe. Vielleicht ähnle ich den “Wachturmleuten”, die Glaubenschriften still und aufrecht an belebten Orten plakativ zeigen. Ich finde es gibt eine Unterschied zwischen missionieren und anbieten. Darüber könnte jetzt auch wieder ein Glaubenskrieg ausbrechen. Denn wenn ich etwas gar nicht leiden kann, dann unlautere Werbefirmen, Un- und Influenzer und die ständigen Werbelügen. Nun ja, wahrer Humanismus ist leider ambivalent und man muss auch das mit Würde tragen was einem nicht in den Kram passt.