Eigentlich sollte ich die “Weinstube zur Kiste” aus egoistischen Gründen nicht lobpreisen, denn man bekommt sowieso nur schwerlich einen Tisch. Komisch. Tolle Restaurants klagen über Gästemangel, andere stöhnen wegen zu großen Zuspruchs. Aber alles hat seine Gründe. Die sind bei der Chefin Heike Hauschke zu suchen und auch beim angedienten Koch, der sein Handwerk wirklich beherrscht.
Als ich das erste mal die Wirtschaft betrat wurde ich neben das Fenster gesetzt. Ich wusste gleich, dass es mir hier sehr gut gehen würde. Ich erkannte das an dem polierten Fenstergriff. Wer mit dieser Nebensächlichkeit so akkurat umgeht, ist letztlich durch und durch gründlich.
Am Montag ließ ich mir Flädlessuppe und Cordon Bleu auftischen. Eva hatte Tafelspitz, auch vorzüglich, und wer Tafelspitz auf der Karte führt hat auch eine Fleischbrühe im Angebot die diesen Namen verdient. Jetzt aber kommt der Knaller, nämlich mein Lieblingsdessert, in gute Ausführung eigentlich ausgestorben: Ein Marmeladepfannkuchen.
Pfannkuchen sind im Schwäbischen nicht dick und fett sondern dünn, so dass man sie besser Flädle nennt. In den Teig wird etwas flüssige Butter eingemixt, so dass sie verdammt gut schmecken und locker sind. So sind gute Flädle das Gegenteil von Fensterleder. Allerdings ist das Verfallsdatum eines solchen Rundstücks ungefähr 5 bis maximal 10 Minuten. Und da liegt der Hase im Pfeffer!
In meiner Lehrzeit war die Spargelzeit der reine Horror, denn die Flädle mussten “à la minute” geliefert werden. Eines kam auf den Teller und dann wurde alle drei Minuten nachgeliefert. Bei beispielsweise 20 Bestellungen war das der reine Horror. Bei der zahlreichen Kundschaft in der Wielandshöhe ist so etwas in korrekter Weise nicht möglich. Deshalb gibt es bei uns keine Flädle. Überall werde sie wegen der genannten Probleme vorgebacken. Nun ja, Fensterleder ist besser als gar nix.