Vincents Tagebuch

Kartoffelsuppe

von | 8. Oktober 2019 | Allgemein

In venezianischen Kochbüchern des 16. Jahrhunderts wird die Suppe vor der Mahlzeit schmählich als „alla tedesca“ benannt.

Als Italiener kann man das leicht sagen, aber in kalten Regionen ist die Suppe ein Überlebensutensil. Man denke an Russland, da geht ja gar nichts mehr, aber es gibt immerhin wärmende Suppe. Der Philosoph Nietzsche berichtet 1888, grob wiedergegeben, von deutscher Speise als Briefbeschwerer und kommt dann noch auf das viehische Nachgussbedürfnis der Deutschen zu sprechen. Die Suppen damals waren als Armenspeise verrufen, in der man alles zusammenrühren konnte, was beim beim Zusammenkehren der Küche vorfand. In der französischen Küche galt in den Menüs die Suppe als Spar-und Unterschichtenkomponente. Das ist zum Teil heute noch so.
Echte deutsche Kartoffelsuppe hat eine schlimme Vergangenheit, ob auf Berghütten, beim Militär, in Internaten und Kantinen, es wird immer noch heftig im Pamps gegraben, grad so, wie es Nietzsche beklagte. Schlechte Suppen sollen sich andere einbrocken, der Charme unseres Rezepts kommt von der schnellen Zubereitung und der Leichtigkeit, die höchstens 15 Minuten dauert.

Festkochende Kartoffeln, die mich immer heftig an Gummi erinnern, existieren in meiner Welt überhaupt nicht. Ich bestelle mir beim Händler oder Bauern entweder halbfeste oder mehlig kochende. Bin ich zufrieden, bleibe ich dem Bauern treu. Nie ist es so wichtig, eine Beziehung aufzubauen wie zum Kartoffelhändler und zum Metzger. Bei allen anderen Lebensmitteln kann man herumstreunen, wie man möchte.

Mehlige Kartoffeln schmecken am besten, aber sie zerfallen gerne. Na und? Müssen wir Foodfotografen beglücken, denen es nur ums Aussehen geht? Es gibt Gerichte, die deshalb ins Hintertreffen geraten sind, nur weil sie optisch nicht viel hergeben. Genau diesen Gerichten gilt ganz besonders meine Hingabe. Und noch eins: Vorsicht mit der Petersilie, die muss man mit der Nase kaufen. Händler besprühen zur Frischhaltung gerne ihre Auslagen mit Wasser. In der krausen Petersilie fault es dann schnell. Also beim Ein-kaufen die Nase in die Petersilie und einen tiefen Lungenzug nehmen!

Ein Rezept für eine schnelle Kartoffelsuppe findet sich bei den Überlebensrezepten.

PS: Ein unerlässliches Küchenutensil nennt sich „Japanischer Hobel“, ein hochwertiges und bestechend schlichtes Werkzeug. Seine Klinge ist nicht nur besonders scharf, sie bleibt auch lange so und hobelt äußerst fein, gleichmäßig und sauber.