Liebe Laura,
heute möchte ich Dir von einem Mann berichten, der auf der Insel Réunion geboren wurde. Er fing ganz klein an, kaufte kleine Zeichnungen und Bilder von Künstlern die nahezu kein Publikum fanden. Was er so handelte, bewegte sich anfangs in Preisen, auf heutige Zeit umgerechnet, zwischen 20 und 50 Euro. Bilder die heute allesamt im Millionenbereich liegen. Im November 1895 organisierte er Paul Cézannes erste Einzelausstellung. Die etablierte Kunstwelt war völlig verständnislos, die Künstler nagten am Hungertuch, und dem Kunsthändler ging es nicht viel besser. Es gab damals aber auch Kunden, die kauften zwanzig Bilder für heute umgerechnet, ungefähr 1000 Euro. Darunter Camille Picasso, Pierre Bonnard, Vincent Van Gogh, Auguste Renoir.
1901 zeigte er die Werke Pablo Picasso, 1904 die erste Henri Matisse-Ausstellung. Paula Modersohn-Becker sah gemeinsam mit Clara Westhoff, der Ehefrau von Rilke in seiner Kunsthandlung das erste Mal Werke von Paul Cézanne und Paul Gauguin, die ihre Kunstentwicklung maßgeblich beeinflussten. Picasso übrigens konnte 1906 schon einen “ordentlichen” Preis erzielen, so um die 300 Euro.
Wer sich für den Beginn der “Moderenen Malerei” interessiert dem sei das Buch “Erinnerungen eines Kunsthändlerserschienen” im Diogenes Verlag, sehr zu empfehlen.
Amboise Vollard (1865-1939)
Kunsthändler und einer der Entdecker der modernen Kunst.
Ambroise: “Ich habe lange gebraucht, um Paul Signac zu verstehen. Nachdem mir der Pointillismus als Malerei in kleinen Punkten erklärt worden war, erwartete ich so etwas Ähnliches wie die Petits-Point-Stickerei unter den Handarbeiten und beachtete die Werke von George Seurat und Paul Signac nicht sonderlich. Als ich verstanden hatte, was die Aufteilung des Tons bedeutete, schätzte nun auch ich die Leistung Signacs. Hier eine Erinnerung an den Maler Paul Signac.
Ich hatte eines seiner Bilder verkauft, und als der Käufer mich mit seinen Neuerwerbungen eben verlassen wollte, drückte ich ihm mein Erstaunen darüber aus, dass er ein Bild gekauft hatte, das er die ganze Zeit verkehrt herum betrachtet hatte. »Ach so, dann will ich mal sehen, wie es wirkt, wenn ich es herumdrehe.
Als er das Bild nun ansah, wie es sich gehörte, meinte er: “Merkwürdig, aber so gefällt es mir weniger.”
“Ich hatte wieder einmal erfahren, dass man sich davor hüten soll, den Kunstliebhaber zu belehren. “
Ambroise Vollard berichtet in seinem Buch über einen Kunstfreund der sich “Die Badenden” genauer anschaute. Comte Isaac de Camondo (1851-1911), Bankier, versierter Musiker und Kunstsammler betrat den Laden von Ambroise Vollard:
Auf den Cézanne zeigend stellte er die Frage an den Kunsthändler: ” Was stellt eigentlich ihr Bild in Wirklichkeit dar?” “Ja, aber… Das sind doch badende Frauen”, erwiderte Ambroise verblüfft. “Ach so! Badende Frauen! Wollen Sie mir vielleicht erklären, worin sie baden? Frauen, die baden, wo nicht ein Tropfen Wasser vorhanden ist? Und sich an einen Herrn wendend, der sich auch im Laden befand: “Sagen Sie mir doch, von wem der Ausspruch stammt: Nichts enthält mehr Dummheit als ein Bild!”