Vincents Tagebuch

Kisuaheli

von | 15. August 2024 | Tagebuch

Als ich im Südbadischen an der Schweizer Grenze meine Lehrzeit antrat, behauptete meine Chefin immer die Schwyzer hätten ihren südbadischen Dialekt gestohlen. Schwyzerdütsch sei eigentlich original Badisch. Sie konnte reden was und wie sie wollte, und es dauerte eine Weile, bis sie registrierte, dass ich nicht schwerhörig war, sondern dass ich von ihrer Rede kein Wort verstand. Sprach sie Kisuaheli? Das einzige, was ich sprachlich gut sortieren konnte war mein Vorname, kurz und bündig, “Sauschwob”.  Das war nicht einmal arg bös gemeint und man hört es heutzutage immer wieder, was mich längst nicht mehr aus der Bahn wirft. Im Gegenteil, daran erkenne ich fälschungssicher die badischen Deppen, die bisweilen bis ins Nazigewölk hineinnebeln.

Trotz meinem dicken Fell, in der Lehrzeit in Inzlingen, fünfzehn Minuten vom Schweizer Kulturtempel der Fondation Beyeler entfernt, hatte sich seither bei mir ein Minderwertigkeitskomplex festgesetzt, der sich bis ins mittlere Mannesalter auswuchs.
Als Schwabe an der Schweizer Grenze, am leider nicht weltoffenen Dreiländereck, oder über dem Rhein in Basel, ein Mädchen kennenzulernen, mündete trotz heftigen Bemühens nie im Glück. Es war mir als Geächteter die Schule der mentalen Aufrüstung und der mühsam erlernten Gabe, dass ein “Lonely Cowboy” mit sich selbst zurecht kommen muss. Noch heute bin ich gerne allein und wenn nach viel Arbeit im Kopf die Ganglien verstopfen, dann besuche ich nebenan, zum Durchlüften meine Bretonische Schäflein.