Vincents Tagebuch

Guide Michelin

1. Juli 2025 | Tagebuch

Der Restaurant Guide auf allen Kanälen, was noch fehlte ist der Senf, den Vincent noch dazu gibt? Ich will mich nur mit Ursache und Wirkung der Sterneauszeichnungen beschäftigen. Auf alle Fälle ist der Guide (um das Wort Führer zu vermeiden) eine über hundert Jahre alte Werbemaßnahme der Reifenfirma. Die beste Werbung ist die, welche, selten genug, auch einen großen Nutzen hat. Der Firma bin ich eng verbunden, nicht nur wegen des Michelinsterns seit 1978, sondern, dem Motorradreifen mit Namen “Pilot-Power”. Ihm verdanke ich wahrscheinlich auch mein Leben, als ich im Circuit de Spa-Francorchamps, mit 230 kmh die “L’Eau Rouge-Senke” hinunter pirschte und oben angekommen in der Rechtkurve kaum mehr Asphaltberührung hatte. Nun auch noch zu den Michelin-Straßenkarten: Nichts gegen Google Maps wo man überall hingeleitet wird, allerdings oft nicht weiß wo man ist. Eine Michelin Straßenkarte ist mir auf Reisen immer dabei.
Genug des Lobs, es gibt auch vielerlei Kritik an dem Affenzirkus den die Vergabe von “Drei-Sternen” mit sich bringt. Ganz klar solche Verfeinerung zur absoluten Küchenkunst braucht die Menschheit nicht. Zum großen Teil geht auch die Kunst Rembrands, Gerhard Richters oder beispielsweise  Anne Sophie Mutters am Volk vorbei. Die Spitzenküche, wie andere Künste ämachen aber ein Kulturvolk aus. Man muss immer wissen wo das Ende der Stange ist, um zu wissen wo ganz unten ist.

Obwohl es mein Beruf ist, interessiert mich die oberste Kategorie der Gastronomie wenig, sie spendet mir zu wenig Glück, vielleicht weil sie nahe an der Perfektion experimentiertiert und mir diese Stratosphäre meist zu wenig sinnlich ist. So ist’s halt, “was dem Einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall”.

Die Vielfalt der Gastronomie ist wirklich ein kultureller Schatz und ich wünsche mir, dass das Entdecken guter, bodenständiger Wirtshäuser in Form der Bib-Restaurants durch den Michelin forciert wird. Diese Gasthäuser entsprechen meinem Lebensgefühl und meinem Wunsch stressfeien Genießens. Diese erschwingliche Gastronomie wird zu wenig geachtet, obwohl sie für die Gefühlswelt der Normalbürger weitaus wichtiger ist als die Sternegastronomie. Letztere wird gefeiert und das ist gut so. Man sollte aber nicht vergessen wo sie herkommt, nämlich von der “Cucina Povera”.

Solche Gerichte gehören eigentlich in die bürgerliche Küche. Dort gibt es sie aber nicht mehr, weil sie zu lohnintensiv ist, und die unverfälschten Spitzenprodukte von damals heute sehr teuer sind.
Bei uns kommt noch versierter Service, und hohe Tafelkutur dazu. Wir fühlen uns durchaus als Denkmalpfleger.

Auch das gehört dazu. Seit Jahren hat sich bei uns niemand mehr über hohe Preise beklagt. Der Gast spürt wofür er sein Geld ausgibt.