Francesco Petrarca (1304-1374), der große Dichter der Spätgotik, widmete seine Gedichte Laura de Noves. Große Liebe, dann auch Feindin und wieder Liebe.
Ich folge ihm nach und richte meine Gedanken und Erlebnisse in Briefform an eine fiktive Laura. Sie ist etwas ganz Besonderes, denn sie steht stellvertretend für meine Leserinnen und Leser.
Briefe an Laura
Weinreise ins Rhonetal und die Provence
Eigentlich wollte ich meine Leidenschaft für alte Malerei an Giotto di Bondone ausleben, also in der Toskana herumgeistern. Für Eva, die immer ans G’schäft denkt, wäre jedoch eine Fahrt ins Rhonetal wichtig. Dort werden weltberühmte Weine gekeltert. Man denke an den Côte Rotie, oder Hermitage, Condrieu, Côte du Rhone, Ventoux, Châteauneuf du Pape, Château Rayas und vieles mehr. Als Beiwerk werde ich mir romanische Kirchen ansehen und besonders die Orte aufsuchen an denen Francesco Petrarca seine Canzone an die göttliche Laura schrieb. Eine Kiste mit Petrarcabüchern ist an Bord. Es wird mir bestimmt nicht langweilig werden.
Dijon, 4. November 2024
Liebe Laura, Montagmorgen, wir schreiben den 4. November. Der Wetterbericht verspricht blauen Himmel, Eva fahren, von Bodennebel gut wattiert, mit dem VW-Bus los um im Rhonetal und der Provence gute Weine aufzuspüren. Bis zum französischen Jura, genauer gesagt bis Besanćon ist nicht viel zu sehen. Es klart auf. Die schöne Juralandschaft zeigt sich in herbstlichem Freudenfeuer seiner Laubbäume. Die Euphorie währt kurz, die Autoroute senkt sich hinab in die nebeligen Auen der Saône und nach Dijon. Die Hauptstadt des Burgund ist nicht mehr weit.
Unser Hotel hört auf den noblen Namen „Philippe le Bon“, ist klein, billig und hervorragend renoviert. “Philippe der Gute” (1396-1467) war der Vater Karls des Kühnen, dessen Berühmtheit, sein spektakulärer Tod auf dem harschen Schnee bei Nancy und sein Portrait des fantastischen Malers Rogier van der Weyden halten ihn in Erinnerung. In der Tat, “Charles le Téméraire.” war jung, schön und von großer Ausstrahlung.
Mittlerweile ist es später Nachmittag, die Dämmerung senkt sich langsam über die Stadt und nach kurzem Mittagschlaf laufe ich los, komme an der spätgotischen Michaelskirche vorbei und steuere den Herzogspalast an. Eigentlich bin ich ganz gut zu Fuß aber die Lendenwirbel schmerzen. Die sind auch nicht mehr sanierbar. Jahrzehnte über den Kochherd gebeugt, können nicht mehr wieder gut gemacht werden. Am Platz vor dem Herzogspalast verziehe ich mich in eine Bar und will einen Campari Soda bestellen. Sie nette Chefin mit selbstsicherem Busen kennt so etwas nicht, wohl aber Campari-Spritz. Davon habe ich schon gehört und nun sollte es das erste mal sein. Nun ja, irgendwie infantil arg süß. Wie sagt der Schwabe, “Ma hat’s trinka könna” Eva kreuzt auf und wir laufen zum Restaurant “L’Evicence”. Hühnchenpasteten (fad), Rindfleisch, das sich “Merlan de Boeuf” nennt. Man hats essen können, es handelte sich um ein Flanksteak und die sind immer ziemlich zäh. In dem klaustrophobischen Kellergewölbe kommt inklusive blöder Kaufhausmusik keine rechte Stimmung auf. Der Wein tröstet über alles hinweg, war extraordinaire gut. 2019 Chambolle Musigny “Les Bussières” von Oliver Jouan.
Côte d’Or, 5. November 2024
Liebe Laura, wir lassen Dijon hinter uns und geben als nächstes Forschungsgebiet die Burgunder Weinstraße in das Navigationsgerät. Die ganze Gegend, die sich über fünfzig Kilometer der Saône (gespr. wie Sohn) entlangzieht, nennt sich Côte d’Or. Dichter Nebel, er passt zu den alten Häusern aus Steinquadern, die sowieso eine gewisse Melancholie ausstrahlen. Marsannay ist berühmt für seinen Roséwein, der früher keinen besonderen Ruf hatte, aber nun zu einer komplexen Struktur aufgelaufen ist und gerade zur Sommerszeit viele unserer Gäste zu froher Stimmung leitet. Weiter geht es und es reihen sich Weinorte aneinander, die in meinen Ohren klingen wie Engelsposaunen. Fixin mit seinen günstigen Preisen, dann Chambertin, ein Ort der Weltspitze des Pinot Noir. Dort ist die Flasche der großen Gewächse kaum unter 200 Euro zu ergattern. Im Restaurant, beispielsweise mit einem Grand Cru, einem gereiften Jahrgang von Philippe Charlopin ist man schnell bei 700 Euro. Da langt sich mancher an den Kopf. Man sollte meinen, dass nur reiche Leute sich so etwas leisten. Eigentlich ist es umgekehrt, ganz normale Wein-Nerds leisten sich so etwas, wenigstens einmal im Leben. Danach weiß man, wo in Sachen Spätburgunder oder Pinot Noir der Hammer hängt. Letztlich kann man Wein nur beurteilen, wenn man weiß, wo bei Qualität unten und oben ist. Es folgen die malerischen Weindörfer Morey-Saint Denis, Vorne-Romanée mit der phantastischen Domaine Romanée-Conti.
Dann folgt das Städtchen Nuits-Saint Georges, dann die sehenswerte Stadt Beaune mit dem Hospice de Beaune, dem mittelalterlichen Krankenhaus, das Kanzler Rolin (1376-1462), der unter Philipp dem guten die Amtsgeschäfte führte mit seiner Frau Guigone de Salins der Bevölkerung stiftete. Den Landstrich nördlich von Beaune nennt man Côte de Nuits und südlich von Beaune, der Côte de Beaune fahren wir über den Weißweinort Meursault nach Puligny Montrachet. Die absolute Spitzenlage nennt sich schlicht “Montrachet”. Eva will unbedingt den Hang sehen, wo diese Köstlichkeit wächst
Ähnlich wie in Vosne-Romanée die Spitzenlage “Richebourg” mit einem großen Steinkreuz geadelt wird, steht auch am Montrachet-Gewann ein Steinkreuz. Die exorbitanten Preise dieser Weine machen die Winzer trotzdem nicht reich. Eine saublöde Steuer zwingt die Winzer zu enormen Finanzreserven, denn wenn der alte Winzer stirbt, holt sich der Staat Millionen. Die Nachkommen müssen zahlen, oder alles wird zerrissen und vom Finanzamt verhökert. Die Situation ist weitaus komplizierter, als ich sie hier nur skizzieren könnte.
Lyon, 5. November 2024
Liebe Laura, die Autoroute nach Süden führt auf Lyon zu. Wir kommen an Macon vorbei, hier beginnt rechts von uns das Beaujolais-Gebiet und dann bin ich im Gewühl der zweitgrößten Stadt Frankreichs. Wir kommen im Hotel l’ Abbaye standesgemäß unter. Relativ preiswert wohnen wir in einem gotischen Palast. Davon ist im Inneren nicht viel übrig, die Einrichtung ist modern, die Zimmer auch und alles funktioniert erfreulich. Wir sind im Schatten der gegenüberliegenden Kirche, sie ist die älteste der Stadt. Die Basilika Saint-Martin d’Ainay wurde im 12. Jahrhundert erbaut und unser Hotel gehörte auch zu diesem Kloster, das bis aufs neunte Jahrhundert zurückgeht. Der Chor der rein romanischen Kirche wurde im 19. Jhrd. mit Malereien aufgehübscht. Uns gefiel das sehr und man könnte hier durchaus von einem Kraftort reden. Vorrangig ist für uns aber der Besuch des berühmten Restaurants “Mère Brazier”. Diese Eugénie Brazier ist 1977 gestorben. Die Lyoner Küche gilt als die beste in Frankreich, was auch der Mère zu verdanken ist. Sie gilt als die Mutter der Lyonaiser Bouchons (Bistros). Sie war die erste Frau die drei Michelinsterne inne hatte. Eigentlich hielt sie sechs Sterne, denn sie hatte noch ein zweites Lokal, auch mit drei Sternen dekoriert. Sie war die Lehrmeisterin von Paul Bocuse und von Bernard Pacaud, der immer noch das Restaurant Ambroisie in Paris am Place des Vosges betreibt. Dieser Berard ist nach wie vor ein Idol von mir und hält drei Sterne seit 38 Jahren.
Nun sitzen Eva und ich am Tisch des Restaurants “Mère Brazier”. Wir wurden von einem Heer von Kellnern empfangen. Lauter gediegene Herren im schwarzen Anzug, wie es sie in Deutschland kaum mehr gibt.
Ehrlich gesagt, das Restaurant hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Schließlich galt die berühmte Köchin als sehr rustikal und auch Paul Bocuse bekam von ihr einige Backpfeifen ab. Trotzdem war sie so mütterlich, dass Bernard Pacaud bei Erwähnung ihres Namens noch heute Tränäuglein bekommt und sie als seine wahre Mutter bezeichnet.
Der Geist der großen Köchin weht nur noch über den Tellern. hochverfeinert wird die ursprünglich bodenständige Küche Lyons auf ein Zwei-Sterneniveau gehoben. Dazu braucht es viele Köche und Kellner und deshalb ist das Lokal nur mit dickem Geldbeutel voll auszuleben. Man kann es auch so machen wie wir, nur ein paar Tage Urlaub im Jahr und dabei dann alle Hoffnung fahren lassen.
Lyon, 6. November 2024
Liebe Laura, die Nacht im Hotel, da war kein Gedanke an Dich. Nach dem vielen Essen und dem Wein fiel ich eine Art Koma. Am andern Morgen war’s mir, als müsste ich unbedingt eine Platane umknicken, topfit. Frühstück findet bei Gourmets und auch bei Völkern mit guter Küche und Mittagstisch kaum statt. Beim Franzosen ist es ein Croissant und eine Riesenschüssel Café au Lait. Mit solchen Ritualen bin ich völlig d’ accord”.
“Eva, bestellst Du ein Taxi, ich möchte mich nicht mit dem Scooter durch die Blechlawine kämpfen!” Wenig später ist ein Ubertaxi da, ein großer Tesla. Ich glaube die Kiste hat einen starken Motor, aber das nützt eigentlich nichts. Wir sind ungefähr an der unteren Halbinsel zwischen Saône und Rhone und wollen weit hinauf zum Weberviertel. Unser Ziel ist das Webermuseum “Maison Canuts”. Lyon hat eine große Vergangenheit mit Seidenstoffen. Zu Beginn der Industrialisierung verschafften sich die Seidenweber der Stadt durch drei Revolten einigermaßen Luft. 1831, 1834 und 1848 wurden die Wackeren von der Armee zusammengehauen.
Wenn man bedenkt, dass Lyon für Seidenstoffe weltberühmt war, ist das Museum schon ziemlich klein. Es sind gerade mal zwei Räume mit Jacquardwebstühlen und dann ein Verkaufsraum für Stoffe. Ich habe mir zwei kleine Seidenschals geleistet, wie ich sie seit langer Zeit als Krawattenersatz um den Hals lege. Das Seidenweberviertel muss man sich nicht anschauen, da gibt es nichts zu sehen außer prekären Unterkünften. Eva ruft ein Taxi an und es geht dann steil den Berg hinunter zur Saône, also dem rechten Ufer der Halbinsel. Ganz im Zentrum will sie mir näherbringen, was wirkliche Lyoner Küche ist, und wie was in den vielen “Bouchons”, den Bistrots mit echte Lyonaiser Küche abgeht. Eva hat das “Les Coulottes Longues” auserkoren, was zu deutsch irgendwie halblange Unterhose bedeutet. Die Bude ist gesteckt voll. Will jemand aufs Klo müssen alle aufstehen. Man hat Sicht auf die Küche. Ein Spüler, mit verzweifelter Physiognomie werkelt, und ein Typ in einem zeltartigen, schwarzen T-Shirt, Schultern breit wie ein Wochenendhaus und einem Bauch der mich an den Watzmann erinnert. Er rührt routiniert in den Töpfen und hat eine blaue Arbeitsschürze an, sicher die größte die er besorgen konnte. Sie wirkt aber wie wie ein Kinderlätzchen.
Hermitage, 6. November 2024
Liebe Laura, nach dem Mittagessen, der Ranzen spannt, aber ich bin noch fahrtüchtig. Wir besuchen noch die aromanische Kirche gegenüber unserem Hotel.
Schnell sind wir auf der Autoroute nach Marseille und in starken fünfzehn Minuten haben wir Vienne hinter uns. Dort war ich mit Elisabeth vor vielen Jahren im Restaurant “Point”. Die alte Madame lebte noch, hielt Hof mit Tochter und mit dem sagenumwobenen Sommelier Vincent hielt die Ladys das Herdfeuer unter Glut. Dieser Vincent hatte als Berufsbild eine ganz andere Basis, als der heutige Sommelier. Auch noch nach dem Krieg war es für herausragende Gastronomie üblich, dass man sich beim Winzer den Traubensaft in Fässer füllen ließ und ihn im heimischen Keller sorgsam pflegte und ausbaute. So war das noch bei dem alten Vincent, der einige Fässer Côte Rotie pflegte.
Die Perlenschnur der Rhone-Weine beginnt in Ampuis. Links fließt die Rhone, rechts türmen sich steil die Terrassen des Côte Rotie. Allen Schnäppchenjägern sei gesagt, einen billigen Côte Rotie gibt es nicht und hat es auch nie gegeben. Ein zwei Jahre alt sind fünfzig Euro normal und mit jedem weiteren Reifejahr geht es nach oben. Die berühmtesten Winzer sind Jaboulet Ainè und die Domaine Guigal, die mitten im Ort, links abgebogen zum Fluss, in einem Schloss residiert. Eva will den Weinberg hoch, und ich der Chauffeur bin folgsam. Die Rebanlagen sind nicht wie bei uns an Drähten in Reihen sondern jede Pflanze ist einzeln an einem Holzstock gebunden. Das kommt nicht von ungefähr, denn im Rhonetal kann der Mistral blasen, dass es unsere Drahtanlagen wegpusten würde.
Die nächste Station ist Tain/Hermitage. Gleich von der Autoroute herunter blicken wir auf auf weitläufige Industrieanlagen. Hier ist die Heimat der berühmten und erstklassigen Schokoladefabrik Valrhona, was nichts anderes heißt als Tal der Rhone.
In Sachen Wein, seit 1834 ist hier die Familie Jaboulet am Start. Die Lage Hermitage “La Chapelle” ist die berühmteste, geradezu von Weltruf. Für Eva und mich ist die “Chapelle” Grund genug mit dem VW-Bus den Berg hochzufahren. Unsere Karre hat Allradantrieb und wir dadurch kein Problem.
Oben genießen wir die herrliche Aussicht und wieder im Tal fahren wir aber nicht rechts um die Ecke ins Tal des Crozes Hermitage.
Avignon, 7. November 2024
Die Rhone fließt, so stolz und klar,
Von Alpenquellen wunderbar.
Im Tal, wo Sonne golden lacht,
Da reift der Wein in voller Pracht.
Die Reben tanzen, stark im Wind,
Im Duft die Seele Frieden find’t.
Ein Tropfen glüht, verführt den Geist,
Der Rhone Wein – ein edler Preis.
Wegen der Ehrlichkeit: Dies ist kein Gedicht von mir, sondern ich sagte zu Ki, “schreibe mir bitte ein Gedicht über das Rhonetal. Es hat keine drei Sekunden gedauert, dann hatte ich es vor mir.
Das Navigerät führt uns in der Dunkelheit, es ist noch nicht einmal 18 Uhr zur Brücke von Avignons Pont Bénézet, links ein großer Torborgen und gleich danach auf rechter Seite ein Parkplatz. Das ist echte Glücksache, aber man könnte ein paar Meter weiter auch in die Tiefgarage des Hotels Mecure-Hotels beanspruchen. Für den morgigen Tag wollten wir nur die Gegend ausspionieren. Wir fahren danach fünf Kilometer zum Hotel in Le Pontet, „Auberge Cassagne“. Es liegt ganz ruhig, mit schönem Garten, Olivenbäumen und allem was der Naturträumer für unverzichtbar hält.
Es gab ein gutes Abendessen, etws betulich auf Gourmet getrimmt, aber egal. Den Wein, der zum legendären Château Rayas gehört beglückte mich total. Ich bin kein großer Freund von Weinen die über 13,5 Prozent Alkohol haben. Die Ausnahme sind Weine welche mit ausreichender Tiefe, hintergründiger Festigkeit und Widerstand dagegen halten .
Avignon, 8. November 2024
Die Nacht verlief sehr angenehm, wobei ich glaube, dass der alte Spruch wirklich stimmt. “Rotwein ist für alte Knaben, eine von den besten Gaben.” Und gleich noch mal eine Pauschaliert, dass ich nämlich behaupte, in Landstrichen des Genießens wird ordentlich Mittag und Abend gegessen und das Frühstück eher gering gehalten. Oder umgekehrt, wo viel gefrühstückt wird, ist das Genießen traditionell nicht so sehr verankert. Der königstreue Franzose schnappt sich ein Croissant und eine große Tasse Café au Lait. In Italien ist die Morgenzermonie auch sehr knapp und im Schwabenland ursprünglich auf ein Gsälzbrot und Muckefuck reduziert.
Als südländisch geprägte Naturen sind Eva und ich am späten Morgen auf der Fahrt nach Château de Montfaucon mit seinem hochbegabten Winzer, dem Baron Rodolphe de Pins. Er bewohnt mit seiner Familie ein riesiges Schloss aus dem elften Jahrhundert auf der anderen Seite, dem rechten Ufer der Rhone, die Gegend nennt sich Lirac.
1775 erwarb Gabriel de Pertuis – ein Vorfahr des heutigen Barons das Schloss. Der heutige Chef ist studierter Agraringenieur. Wie seine ahnen kämpft er tapfer um den Erhalt des Schlosses. Bei seiner Frau haben wir im Verkaufsraum unterhalb des Schlosses einige Kisten Wein gekauft. Eva zahlt brav, ich werfe einen kurzen Blick in den Weinkeller, in dem keine Fässer sondern Betontanks sich aneinanderreihen. Beim Einladen der Weinkisten kommt der Winzer Rodophe gerade den Weg vom Schloss herab. Wir begrüßen ihn herzlich und mit Eva kommt er lange ins Gespräch. Mich beunruhigt das und ich signalisiere, sie den Mann in Ruhe lassen sollte, denn er hat sicher noch einen anstrengenden Tag vor sich. Der ist aber vom Interesse meiner Tochter recht begeistert und wird palavert, was das Zeug hält. Ich bin leider am Gespräch nicht beteiligt, da ich zwar ein klein bisschen französisch kann aber weit davon entfernt bin eine Konversation zu führen. Eva, erzähl mir hinterher, dass der Winzer auch Erfahrungen in Australien gesammelt hatte und insgesamt eine sehr gute, ökologische Ausbildung erfahren, was ihn in die Lage versetzt, heutzutage auf hohem Niveau Wein herzustellen. Hauptsächlich erzählt er, wieso seine Weine dicht und fest und kräftig, aber nie alkoholisch wirken. Er schreibt das der Beimischung alte Rebsorten zu. Die er in seine Weine integriert. Das wären die Traubensorten wie Carignan, Counoise oder Cinsault. Im unteren Rhonetal sind Schweine immer wieder mal ziemlich schwerfällig aber gerade das umgeht er mit den alten leichteren Traubensorten. Wir werden heute noch das Chateauras besuchen und bereits der Vater des momentanen Weinguts. Renault setzte sich auch sehr für den Erhalt und Zusatzalter Rebsorten aus. Jedenfalls für das dazu, dass diese beiden Weingüter so ziemlich die besten Weine dieser Gegend produzieren. Der Erfolg der Spitzengewäche ist sicherlich den Bemühungen geschuldet, dass die Weinenicht überkonzentriert die Genießer ermüdet. Olivier Poussier, weltbester Sommelier meint: “‘ Chateauneuf du Pape: Ich bin beeindruckt von der Finesse und Reinheit dieses Grenaches. Es ist auf dem gleichen Niveau wie ein Chateau Rayas.”
Wir fahren in Montfaucon wieder zurück auf das linke Ufer der Rhone, und der Navi führt uns zur Domaine Rayas. Es ist ein ganz schlichtes, angegilbtes Bauernhaus. Eva meint: “Das kann ga nicht sein, es gibt ja noch zwei andere Anwesen die zu dem berühmten Weingut gehören. Ich glaube der schrullige Winzer will sich nur die Fans vom Halshalten. Wir sind vor Ort auch erst gar nicht aus dem Auto ausgestiegen, denn uns war wohlbekannt, dass die Hunde auf einen gehetzt werden. Ehrlich gesagt, wäre ich Winzer würde ich auch die Weinfreaks vom Hof jagen. Man hat schließlich vil Arbeit und will nicht fachsimpeln. Dieser Wein läßt ein Gequatsche gar nicht zu, die Qualität ist sonnenklar und es braucht keine Diskussionen.
So zuckeln wir den holprigen Feldweg wieder zurück auf die Hauptstraße nach Vacqueras, Gigondas, dort trinken wir Kaffee. Das Dorf ist ausgestorben, aber die vielen Degustationslokale lassen eine turbulente Saison vermuten, die nun aber vorbei ist. Insgesamt gesehen gehört die Provence nun wieder den einheimischen. Malaucène am Mont Ventoux kommt in Sicht, nicht aber der Mont Ventoux, der sich hinter Nebelschwaden versteckt. Ganz in der Nähe finden wir den kleinen Ort La Croix de Florent, dort harkt der Biowinzer Philippe Gimal in den steinigen Weinzeilen. In seiner Bio-Domaine St. Jean du Barroux werden wir herzlich empfangen. Es wird probiert und degustiert. Der famose Philippe, ein sehr herzlicher, kantiger Typ kann gut englisch erklären. Ich erwähne seine Spindelpressen im Hof, das dies ja unglaublich mühsam ist und diese Art des Weinpressens im Schwabenland ausgestorben ist. “Ich habe genügend Sturheit um der Qualität willen. Diese Art des Pressens ist die schonendste, basta. Der Wein schmeckt entsprechend.
Avignon Abends 7. November 2024
Es geht auf die Dämmerung zu und wir fahren wieder zum Hotel um kurz auszuruhen und danach hat Eva in Avignon gegenüber des Papstpalastes ein gute Restaurant ausgemacht. Ich sage noch was, mitten in der Touristenhölle soll es auch Qualität geben? Wir parken wieder am Tor bei der berühmten Brücke. Hinzugefügt: Auf dem Platz vor dem Papst Palast drängen sich normalerweise hunderte von Touristen, und heute Abend ist die Szene komplett entleert, schon fast magisch und für uns beide ein besonderes Vergnügen. Genau gegenüber betreten wir das Restaurant “Le Moutardie de Pape”, was auf Deutsch so viel bedeutet wie der Senfmacher des Papstes. Hier in Avignon gibt es so gut wie keinen Handeltreibenden der nicht seinen Produkten oder seinem Geschäften nicht mit dem Namen Papst erhöht. Drinnen im Restaurant ist nicht viel Betrieb aber eine kompetente Serviererin empfiehlt uns einen Rhone Wein und dann noch ein Ragout von Pilzen. Ich Eva erfreute sich n einer raffinierten Lauchkompositon und wir beide bestellen dann als Hauptgang Kalbsnieren. Diese waren ganz ungewöhnlich nicht nur frisch, sondern von wirklich kleinen Kälbern, so dass eine Nierenabschscheibe nicht viel größer war wie ein Fünfmarkstück. Sowas läuft bei mir und der höchste Qualität und es sind in Deutschland im normalen Handel nicht zu bekommen.
Avignon Freitagmmorgen 8. November
Die Besichtigung des Papstpalastes ist für meine Begriffe eine ziemlich anstrengende Wandertour. Das Gebäude ist riesig mit mehreren Stockwerken und es war damals die größte Baustelle der Welt. Es ging darum, dass das neue Papsttum, dass sich der französische König Ravn geholt hatte, in seinem Prunk und mächtigen Ausstrahlungen möglichst Rom übertrumpfen sollte. Es lohnt sich, dass alles anzuschauen und zu staunen, was die Baumeister der damaligen Zeit geleistet haben. Als wir das hinter uns hatten, war es Mittag und gleich auf der Rückseite des Papstpalast. Es befindet sich das “Hotel La Miranda”. Wer ein paar Merker übrig hat, der könnte dort zu Mittag oder Abendessen in einem herrschaftlichen Rahmen, mindestens so luxuriös wie die Päpste damals. Letztlich ist das hotel, ein Museum und das mit ausgesuchter Weinkarte und klassischer, französischer Küche. Kulinarisch war dies das größte Erlebnis dieser Reise.
Den Magen gut gefüllt, wackelten wir bergab, Richtung Pont d’Avignon wo Auto geparkt ist. In flotter Fahrt geht es nun nach. L’Isle sur Sorgue. Dieses malerische Städtchen habe ich schon einige Male besucht, da ich ein Liebhaber des Dichters René Char bin. Sein Wohnhaus ist wenig spektakulär und ich ersparte mir das Eva zu Liebe, denn ein wirklich monumentaler Eindruck ist der Fluss Sorgue. Diese springt ein paar Kilometer weiter in Fontaine de Vaucluse. wir spazieren ein wenig keuchen Berg an Richtung Quelltopf und die letzten 50 m waren dann gesperrt wegen Steinschlag. Wir konnten aber hinuntergucken in das klare Trinkwasser in einer Menge ungefähr wieder obere Neckar. Aus dem Felsen ins Freie explodiert sozusagen der Fluss mit bis zu zweiundzwanzig Kubikmeter pro Sekunde. Das Wohnhaus von Francesco Petrarca ist recht schmal. Mir war es aber wichtig es vor mein Auge zu kriegen. Von dort aus wird weiter ins Luberongebirge hinaufgekurvt, das berühmte Kloster Sénanque beäugt und in der pittoresken Ortschaft Gordes Kaffee getrunken. In gemächlicher Spazierfahrt durch die schönen Luberonorte gelangen wir nach Oppède bei Ménerbes um im Luxus-B&B, die “Domaine Les Rouletts” Nachtruhe zu finden. Die fanden wir als einzige Gäste. Im Dunkeln wurden wir zu unseren Chalets geführt und es war fast gespenstisch still. Ebenerdig sind teuer ausgestattete Häuschen nebeneinander. Alles ist von ausgesuchter Qualität, selbst die Frottehandtücher, tonnenschwer wie vor fünfzig Jahren. Ein Ehepaar hat sich hier seinen Traum vewirklich und einen Haufen Geld investiert. Erst am Morgen konnten wir den schönen Park genießen. Ein gutes Frühstück wurde serviert, den Kaffee und die heiße Milch in der Mikrowelle erwärmen funktionierte in Eigeninitiative. Dazu musste ich erst Gebrauchsanweisungen durchlesen. Kurzum, noch nie war ich in einem B&B oder man nennt es auch AirB&B. Eva und ich schlafen getrennt, deshalb sind Übernachtungen doppelt teuer, pro Nase waren es hier über 200 Euro. Der Preis war gerechtfertigt, aber ich bevorzuge Hotels mit Service und mir ein Bier oder einen Kaffee an den Tisch bringen. Und nochwas, eigentlich bin ich gerne alleine und habe meine Ruhe. Dieses Elysium war aber dermaßen ausgestorben, dass es sich schon fast “spooky” anfühlte.
Oppède, Samstagmorgen 9. November
Mir geht es schon verdammt gut, Eva ist ein Organisationstalent und verwaltet auch die Reisekasse. Sie suchte und fand ein Lebewesen bei dem man bezahlen könnten. Wir machen uns auf die Heimfahrt. So langsam hatte ich “Stalldrang”. Eva bestand aber darauf, dass wir noch Oppède besuchen müssten. Ich war ihr folgsam und der äußerst romantische Ort erfreute mein Gemüt. Es kommt noch dazu, dass kein Menschenseele zu sehen war. Gewisse Galerien oder Läden von Kunstschaffenden wiesen jedoch auf einen lebhaften Sommertourismus hin. Unser Nachhauseweg durch den Luberon ließ und wunderschöne Dörfer erleben. Ménerbes, Lacoste, dann Bonnieux und Apt, und das Städtchen Cucuron. Da bricht einem fast das Herz, das man dort nicht einkehrte
Mir geht es schon verdammt gut, Eva ist ein Organisationstalen und verwaltet auch die Reisekasse. Sie zahlte die Übernachtung . Wir machen uns auf die Heimfahrt. So langsam hatte ich “Stalldrang”. Eva bestand aber darauf, dass wir noch Oppède besuchen müssten. Ich war ihr folgsam und der äußerst romantische Ort erfreute mein Gemüt. Es kommt noch dazu, dass kein Menschenseele zu sehen war. Gewisse Galerien oder Läden von Kunstschaffenden wiesen jedoch auf einen lebhaften Sommertourismus hin. Unser Nachhauseweg durch den Luberon ließ und wunderschöne Dörfer erleben. Ménerbes, Lacoste, dann Bonnieux und Apt, und das Städtchen Cucuron. Da bricht mir fast das Herz, an so einem Restaurnt vorbeifahren zu müssen: www.lapetitemaisondecucuron.com.
Eric Sapet arbeitete elf Jahre im Pariser Tour d’Argent (3*Michelin) und unter anderem bei Jacques Cagna. Der famose José, Caroline Autenriets Ehemann hat dort gearbeitet und dort viel gelernt. ( https://daswaldhorn.de )
Unser Zwischenziel auf dem Weg in die Heimat ist Manosque. Durch das Gebirge ist es eine unglaubliche Kurverei, aber Köche und Indianer kennen keinen Schmerz. Der ist nur so stark wie der Kopf es will. Wirklich zuverlässig ist jedoch das Fortschreiten der Uhrzeigers. Es geht auf Mittag zu und Eva daddelt auf ihrem Handy um gutes Futter auszukundschaften. Einige Kilometer von der Hauptstraße wird ins Nirgendwo iabgebogen. Das Kaff Montfuron ist kaum auf der Landkarte zu finden. Viele Einwohner hat es hier nicht. Ich steige aus und dehne mir der Rücken. Beschauliche Ruhe umgibt mich aber auch deutliche Zeichen von menschlichen Artgenossen. Kinderfahrräder liegen in der Gegend herum, Autos in prekärem Zustand parken wild auf dem Dorfplatz vor dem Rathaus. Der Amtssitz hat die größe einer Garge und seit dem Krieg keine Renovierung erfahren. Ansonsten ist die Szenerie von Herbstblättern bedeckt und romantisch. Gegenbüber der Mairie, das Steinhaus von Wildem Wein bevölkert. Der Name Restauranr Chez Eric ist nicht auszumachen. Hier passt alles zusammen, Offensichtlich bin ich in einem Örtchen gelandet, das vom Tourismus noch nicht plattgewalz wurde. Alles entspricht letztlich meinen Sehnsüchten nach Ruhe und Originalität. Durch die Türe eine Treppe hinab kommen Eva und ich an der Küche vorbei. Die Cuisiniers sind schwer beschäftig. Das Treiben erinnert mich an die Wielandshöhe, die immer wie ausgeestorben wirkt und nirgends mit Gastro-Reklame winkt. Außen alles tot und im Lokal bumsvoll und wildes treiben. Meine Mneschenkenntnis reicht so weit, dass ich sofort erkenne ob ein Koch “es drauf ” hat oder nicht. DenChefkoch, der mich kurz grüßt vertraue ich komplett. So ist es dann auch, das Essen ist vorzüglich und herrlich ist die Musik von Besteckgeklapper und der summen und brummen eines freudigen Miteinanders.
Die Pause hat gutgetan wir fahren zurück auf die Hauptstraße um bald Manosque zu erreichen. Diese Stadt liebe ich seit langem und das hat mit dem Dichter Jean Giono zu tun, von dem ich alle Bücher habe, die es in deutscher Übersetzung gibt. Das Museum liegt direkt am Weg, an der D 907 die zujr Autoroute führt. Ich war vor zwanzig Jahren schon einmal dort und es wieder zu besuchen, war mir sehr wichtig. Allzu lange hielten wir uns dort nicht auf, mir ging es eigentlich um den Spirit. Das Museum war darüber hinaus nicht so ergiebig, da meine Französischkenntnisse äußerst gering sind, ich zwar im Restaurant alles bestellen kann, und überhaupt in Frankreich gut durchs Leben komme, aber eine Konversation, oder dass ich Literatur lesen könnte, davon bin ich weit entfernt.
Jean Giono war einer der ersten bedeutenden Naturschützer in Frankreich und hatte über die Landesgrenzen auch sehr hohes Ansehen. Eine kleine Broschüre von ihm, die wirklich für jeden lesenswert wäre. Sie heißt: “Der Mann mit den Bäumen.” Diese alte schöne Ausgabe gibt es bei Amazon für gerade mal 4 Euro. Es gibt auch eine moderne Ausgabe unter dem Titel “Der Mann der Bäume pflanzte”.
Wir fahren dann stracks zur Autoroute, die im Tal der Durance nach Norden führt. Schade das Restaurant “La Bonne Etape” in Château Arnoux hat Betriebsferien. Dort verweilte ich schon einige Male bereits als Kind mit meinen Eltern. Dr Betrieb ist seit Urzeiten mit Michelinsternen gesegnet, bringt aber immer naturnahen Wohlgeschgmack, ohne Faxen auf den Teller. Meine Eltern fuhren immer über die “Route Napoleon” in die Provence. Ich glaube es lag daran, dass mein Vater Napoleon-Fan war.
Napoleon verließ Elba und landete in der Nähe von Golfe Juan an. Er sammelte Anhänger und marschierte über Sisteron und Gap nach Grenoble. In Sisteron schlugen wir einen Haken nach links, fuhren also nicht in Richtung Gap. Ich wollte Eva unbedingt noch das Vercors-Gebirge zeigen. Es ist unglaublich wild. Vor Jahren durchstreifte ich diese Wildheit, als ich mich sehr für die französische Résistance interessierte. Dort in den Felsschluchten und Höhlen versteckte sich der französische Widerstand.
Den Mont Aiguille (2088m) durfte ich nicht auslassen, auch den wollte ich Eva zeigen. Es war die erste Steilwandbesteigung der Menschheit am 26. Juni 1492 durch Antoine de Ville. Dreihundert Meter blanke Felswand gilt es zu überwinden. Mit Leitern, Haken und Seil, mit zwei Seelsorgern, einem Notar, und zehn weiteren Unerschrocken wird auf halber Strecke biwakiert und oben angekommen finden sie eine hundert Meter breite Wiese. König Karl VIII. der Freundliche oder der Höfische, hatte von dem Solitär erfahren.1492 befahl er seinem Kammerherrn Antoine de Ville, die Besteigung zu unternehmen. Über den Pass Col de l’Aupet (1627 m) erreichten Sie von Westen den Gipfel. Eine Messe wurde gelesen. Die Expedition verbrachte sechs Tage auf dem Gipfelplateua.
1878 baute der Club Alpin Français den Weg der Erstersteiger teilweise zu einem Klettersteig aus.
Schweiz Sonntag 10. November 2024
Immer wieder dichter Nebel und bei Bern, gegen Mittag quält uns der Hunger. Eva ergooglet sich eine Wirtschaft, nicht weit ab unseres Weges. Der Ort heißt Schüpberg Beizli und das Gasthaus erweist sich als wahrer Glücksfall. https://www.beizli.ch