Es wird viel über Erlebnisgastronomie gefaselt. Das Erlebnis in Ambiente und auf dem Teller wird besungen. Schaut man sich die Spitzengastronomie an, so wird aber auf breiter Basis alles wegrationalisiert was Kosten verursacht und der Gast womöglich nicht merkt. das nennt man dann modernisieren.Weitgehend sind gestärkte Tischtücher verschwunden, vom Blumenschmuck ganz zu schweigen. Das Servicepersonal kleidet sich oft unpassend nach eigenem Gusto und die Oberkellner, die den Laden zusammenhalten, sind nahezu ausgestorben. Wir von der Wielandshöhe stemmen uns dagegen und rüsten sogar unser Silber auf, was große Umstände bereitet, für uns aber ein Kulturbeitrag ist. Wir sind glücklich und dankbar, dass wir einen großen Gästekreis haben, der auch weit anreist und der unser Festhalten an Gastronomiekultur unterstützt. Dafür vielen Dank an alle.
Esskultur ist wesentlich mehr, und in unserem Fall, jenseits von Event oder Status.
Meine Lehrzeit diente ich in Lörrach ab, genauer gesagt in Inzlingen direkt an der Schweizer Grenze. Das Restaurant Waidhof war weitbekannt und mein Lehrer Walter Haas ein anerkannter Koch und zudem auch Botschafter der deutschen Küche im Ausland. Er konnte schlecht allein sein und ein Lehrling durfte ihn auf seinen Reisen begleiten. Wenn irgendwo ein Botschafter im In- und Ausland ein Essen gab, musste mein Lehrerchef die Küche dort überwachen und ich durfte manchmal mit.
Immer wieder Beteiligte er sich an Wettbewerben und gewann einen Preis für “Kalbsröllchen Colonia”. Das waren hauchdünne Schnitzel gefüllt mit sardellenaromatisiertem Blattspinat und mit Tomatenbutter gratiniert. Ein weiterer Preis wurde von der Firma Gordons-Gin ausgelobt.
GORDONS-GIN-TOMATE
Gehackte Tomaten, frischer Tomatensaft und so weiter mit etwas Gelatine versetzen und in eine Tasse gießen und gelieren lassen. Die Tassen wurden dann auf ein Teller gestürzt und obenauf ein Basilikumbäumchen. Am Tisch werden Schalotten und Lauchwürfelchen in Olivenöl gedünstet. Das Rezept für zwei Personen, die Tomatenkugeln werden zu den Schalotten und zum Lauch gegeben die in der Hitze zu schmelzen. Gordons Gin dazu. Die Suppe fängt Feuer und wird mit Ginsahne mit etwas Wacholder serviert.
Eines Tages, mein Chef Walter Haas werkelte am Tisch bei den Gästen. Aus iergendwelchen Grünen haute er mit seinem Schuh immer an mein Schienbein. Seine hochkünstlerische Agitation wurde von Gästen überhaupt nicht beachtet die unterhielten sich angeregt.
Mein Grand Chef fühlte sich in der Ehre gekränkt und goss viel Schnaps in die Pfanne. Es kam zu einer Riesenexplosion. Mehr als die Suppe, wurde mein Chef flambiert: Augenbrauen, Wimpern, Stirnhaar, alles optimal wurzelbehandelt. Das erzählte ich hinterher gleich in der Küche, Schadenfreude ist die schönste Freude!