Vincents Tagebuch

Krustenbraten

18. August 2025 | Tagebuch

Es gibt einen Schlager, ich weiß nicht wie er heißt, zum Thema hat er “Immer wieder gibt es Wunder”. So ging es mir gestern. Viele Leute empfahlen mir das “Gasthaus Stern” in Metlangen bei Schwäbisch Gmünd. In meiner Jugend hasste ich Metlangen, denn dort hatte mein Opa fünfzig bösartige Bienenvölker und in den Ferien mussten wir immer beim Schleudern oder Füttern helfen. Es war ein Selbstmordkommando.

Nun also ein Metlangen Revival in der Gartenwirtschaft. Erst einen Halbe Bier und dann ein Blick in die Speisekarte. Rehwild und Wildschwein soll ganz toll sein. Das hat mir meine Schwester berichtet, und die weiß alles. Der Koch ist leidenschaftlicher Jäger.

Ich wählte aber einen Krustenbraten. Seit vielen Jahren habe ich keinen Schweinsbraten oder überhaupt einen Braten gegessen. Egal wo, immer war er von Vorgestern. Pfeilgrad mit der Aufschnittmaschine aufgeschnitten und in Päcklessauce auf Hitze gebracht und dann womöglich noch Fritt-Tiefkühl-Kroketten dazu. Heute dachte ich, gehe mal voll ins Risiko, bestelle mir zuerst ein Salat. “Bitte nicht bunt” sagte ich dem tüchtigen Jungkellner, “nur Kopfsalat und Kartoffelsalat, also ohne Hasenfutter.” Am Kartoffelsalat ist zu erkennen ob man in der falschen Kneipe hockt. Ich war in der richtigen, denn dann kam auch noch der Krustenbraten mit einer echt aus dem Braten gezogenen Sauce. Das Fleisch optimal weich zerging mir auf der Zunge und die Kruste zerkauend, lärmte es zart krachend im Innenohr. Dazu ein Riesen-Semmelknödel, himmlisch wie in Anwartschaft fürs Weltkulturerbe. Man schaue sich nur das Foto an. Es braucht überhaupt keine Tellerverzierungen oder irgendwelches Talmi der Aufwertung. Sind die Grundprodukte richtig gekocht, dann sind sie sowieso schön. Wenn nicht, kommt die grassierende Verschleierungstaktik in Form von Pünktchen, Kräutergerümpel und abrundenden Hühnerfutter-Zerealien als Absegnung über den Murks. Hier war die reine Lehre eines Kochs der sein Metier beherrscht.

Jedenfalls ich war in Metlangen “Vincent im Glück” und werde jetzt hier an dieser Stelle ein Krustenbratenrezept zum Besten geben. Im Schwäbischen ist er längst nicht so bekannt und vor vielen Jahren hat mir mein bayerischer Kollege Otto Koch beigebracht, wie man’s mit der Kruste richtig krachen lassen kann.

Bier- Krustenbraten
2 Personen

500 g               Schweinebauch
1 Bund            Suppengemüse
2                      Zwiebeln, grob gewürfelt
2                      Tomaten
1                      Knoblauchzehe
1 EL                Tomatenmark
1 EL                Butterschmalz
1/2 L               Bier (kein Pils, die Hälfte selbst trinken), oder Fleischbrühe, Wasser, etwas Wein…
1/2 TL             grober, schwarzer Pfeffer

Das Fleisch pfeffern und leicht salzen und mit der Unterseite in eine Reine (Bräter, oder passenden Topf)) legen. Zwei Zentimeter hoch mit Wasser füllen, auf dem Herd aufkochen und in den vorgeheizten Ofen geben (170 Grad) eine Stunde garen. Evtl. etwas Brühe, Wasser oder Bier nachgießen.

Anschließend, die Brühe in ein Gefäß abgießen, mit dem wir dann auch ablöschen. Den Braten wenden und die weiche Schwarte in fingerdicke Karos einritzen. An diesen Kerben kann man später auch den Braten portionieren. Das grob gewürfelte Suppengemüse, die ebenso gewürfelten Zwiebeln hinzugeben und mit dem Braten braun rösten. Danach Tomate, Tomatenmark und Knoblauch dran. Die Schwartenseite muss nun immer oben sein. Es darf keine Flüssigkeit mehr an die Kruste. Mit dem Bier immer wieder untergießen und den Bratensatz immer nur mit wenig Flüssigkeit lösen. Das ist mühsam, aber nach einer Viertelstunde ist alles schön braun und man kann mit mehr Flüssigkeit aufgießen. Wohlgemerkt wir machen, wie so oft und falsch, kein braunes Siedfleisch. Zwei Zentimeter im Schmortopf genügen. So ergibt sich eine konzentrierte Sauce.

Man könnte je nach Belieben nun mit Majoran oder gehackten Kümmel würzen. Insgesamt sollte man eine Garzeit von zwei Stunden einplanen.
Mit einem Holzspießchen sticht man hinein, lässt sich dieses leicht herausziehen, dann ist der Braten weich.

Tipp: Bayerisches Normalbier, auch dunkles Bier eignet sich gut, denn es ist weniger gehopft und lässt so die Sauce nicht zu bitter werden. Nicht zu verachten ist auch wenn man gar kein Bier, sondern mit Wasser oder Brühe ablöscht und am Schluss mit Wein verfeinert.

P:S: Das Gericht war zu meiner Zeit in München bei Köchen sehr beliebt. Damit der Braten durch das Bier nicht zu bitter wird, habe wir in meinen Lehrjahren, am Tresen viel Bier geordert, dann haben wir Köche das alles selbst getrunken. Der Krustenbraten bekam davon nichts ab, war deshalb nicht bitter, welch Wunder, und schmeckte vorzüglich.