Tatsächlich kenne ich Leute, die sehr auf ihr Essen achten. Das ist schön und gut, aber wenn es zur Religion wird kommen mir Zweifel. Egal welcher Mist gegessen wird, wenn dann auch noch “Premium” auf der Verpackung steht dann ist das meist ein feinschmeckerischer Totalabstieg, den allerdings kaum jemand kümmert, denn es wird ja Premiumqualität gemampft. Darunter macht es manches schwache Ego nicht und deshalb gehört das Wort “Premium” generell verboten. So kenne ich auch Leute, die niemals bei Burger King oder McDonald’s ein Cheeseburger essen würden, selbst wenn sie am verhungern wären. Solche Nahrungsaufnahme sehen Sie als kulturellen Abstieg, als Vernichtung ihrer selektiv hohen Ansprüche.
Ich muss nun aus gegebenem Anlass anführen, dass die Wielandshöhe drei Ruhetage hat, was für die Mitarbeiter eine wunderbare Sache ist, wie gesagt für die Mitarbeiter. Für mich bedeutet das, ich habe drei Tage keinen Service, denn unter der Woche ist mein Leben äußerst angenehm. Ich gehe hoch in die Küche, bestelle mir ein Espresso, alles kommt um was ich bitte. “Was haben wir denn heute kreiert”? “Kann ich was probieren”? Dann kriege ich etwas serviert und mache vielleicht noch gewisse Vorschläge dazu. Manchmal gibt es viel zu probieren. Zu den Gästen sage ich immer wieder, wenn sie sich nach meinem Befinden erkundigen: “Es gibt zwei richtig gute, weltbeste Altersheime, das eine ist in Washington, D.C. und das andere ist die Wielandshöhe.” Mit anderen Worten, mir geht es saugut, aber an den freien Tagen droht allerdings Darben, Heulen und Zähneknirschen. Soweit darf es natürlich nicht kommen. So geben mir meine fürsorglichen Mitarbeiter für die freien Tage immer gewisse Atzung mit. Wenn nicht oder zu wenig, dann habe ich ein Notprogramm.
Tiefkühlpizza: Liebe Leserinnen und Leser, hätten sie erwartet, dass ein Koch meine Formats sich Tiefkühlpizzen bunkert? Gemach, gemach, an der Stelle muss ich sagen gibt es auch Qualitätsunterschiede. Wenn Küchenchef Jörg Neth Pizzen oder Pinsa fürs Personal bäckt, dann ist der Teig mindestens genauso gut wie der Belag. Die meisten Pizzen dieser Welt haben aber ein gummiartigen Teigboden und einen Rand, zäh wie Gummiknüppel. Schlimm, schlimm, das verträgt mein Magen nicht. Eva hat mir nun im Internet Tiefkühlpizzen besorgt und da muss ich sagen Hut ab. Die Qualität ist optimal. So ein Rundstück kostet bei Aldi, Netto oder Penny zwei Euro. Meine handgemachten Fladen ungefähr sieben Euro, und das sind sie auch wert. So etwas muss auch nicht alle Tage sein.
Für für mich bedeutet ein solches Fertigfutter, keinen kulturellen Abstieg. Dafür lebe ich zu sehr in der Illusion einen elitären Überschuss an Kultur und Ego im Gepäck zu haben. Wer sich jedoch nur eine Zweieuro-Pizza leisten kann ist vielleicht trotzdem ein tiefgründig gebildeter Kulturmensch und muss sich gar nicht schämen. Mancher, der sich der hohen Esskultur hingibt ist noch längst kein Kulturmensch sondern vielleicht eine idiotische Inselbegabung oder aber Opfer seines Wahns und seine gehöhten Egos.

Das ist die ganz pure Version, es gibt sie sogar mit Wagyu-Salami und manches darüber hinaus. Ich nehme die ganz einfache, denn schon der Teig ist einfach sehr gut. Ich muss die Dinger immer zerbrechen, damit sie in meinen Airfryer passen. Wenn es einmal einen Airfryer geben wird, in den eine ganze Pizza passt, dann bin ich da gleich dabei.