Vincents Tagebuch

Hirnsupp, essa was ma net hôt.

von | 19. Mai 2024 | Allgemein

Unter meinen Lesern hat es einen Philosophen. Er schickte mir heute in einer E-Mail die folgende Botschaft: “Hirn ist das am gerechtesten verteilte Gut der Welt. Jeder glaubt, genug davon bekommen zu haben.”

Im Schwäbsich Gmünd meiner Bubenzeit verbrachte mein Vater im “Gasthaus Krone” am Marktplatz mehr Zeit als zuhause. Spät nachts, nach einem ausgedehnten Mittagessen verließ er die Stätte der Hirnsuppe, auf die ich gleich noch zu sprechen komme. Inzwischen war vor seinem Auto ein Graben für die Kanalisation ausgebuddelt worden. Vater übersah dies, da bei seiner Ankunft alles noch eben war. Er fuhr los und sein Mercedes 180er-Diesel stürzte in die Tiefe. Ich nehme mal an, er war nicht ganz nüchtern, was aber niemand bemerkte, der örtliche Polizist gleich gar nicht. Dies, obwohl der Ortsbüttel am Tag 10 Tassen Kaffee trank. Ich fragte ihn einmal, viele Jahre später, wie sein Herz darauf reagiere. Er meinte:” Des reagiert ganz prima, Woisch ma tut mir aus Amtshilfe bei jedem Kaffee a bissle Zwetschgawasser ins Tässle”  Wie auch immer, am nächsten morgen kam ein Kranwagen und zog das Auto meines Vaters aus dem Kanalgraben. Als Stadtveterinärdirektor hatte mein Vater von seinem Vorgänger viel gelernt. Das war der Stadttierarzt Dr. Lauer. Unter ähnlichen Umständen wie mein Vater verließ er nach durchhockter Nacht im “Schwanen”, in der Vorderen Schmiedgasse, den dortigen Faßwein. Sein Auto musste noch mit einer Handkurbel gestartet werden. Im Kühler war ein Loch und dort steckte er seine Kurbel hinein und drehte beherzt. Er kurbelte. Es war aber noch ein Gang eingelegt und der Viehdokter hatte dermaßen Bärenkräfte, dass er den Motor mit aller Gewalt startete. Der Motor sprang an, seine Karre überfuhr ihn und knallte ins Schaufenster des gegenüberliegenden Fachgeschäfts für Perserteppiche. Lauer rappelte sich hoch, fluchte wie ein Fuhrknecht. Ein lautes “Leckt mich doch alle am Arsch!” begleitete ihn wieder hinein in die Wirtschaft, um sich auf den Schrecken erst einmal ein Gläschen Trollinger einzupfeifen.

Jetzt aber zur Hirnsupp. Der Wirt in der “Krone”, nach Speisenempfehlung gefragt, gab immer die stereotype Antwort: “Ma sott emmer des esse, was ma net hôt. Esset se a Hirnsupp!”

Deshalb jetzt das Rezept:
300 g                  Schweinehirn beim Metzger vorbestellen
1 EL                    Butter
2 EL                    Mehl
1 Zwiebel            fein gewürfelt
1/2 Bund             Petersilie fein gehackt
1 L                       Fleischbrühe
etwas                  Weißwein
Salz, Pfeffer, Muskat (+ evtl. a bissle Maggi)

Zwiebeln in Butter, hell anschwitzen. Fleischbrühe in den Topf. Das gut gewässerte und geputzte Hirn (evtl. Blutreste entfernen) in die kochende Brühe geben. Eine Viertelstunde simmern lassen. Hirn herausnehmen. Die Hälfte des Hirns wieder in den Topf, die andere Hälfte kleinschneiden und zur Seite stellen.

Salz und Gewürze dran und mit dem Handmixer alles fein schlagen. Etwas Weißwein mit dem Mehl verrühren und untermixen. Die Suppe ist nun einigermaßen angedickt. Ein paar Minuten kochen lassen, und nochmals mixen. Nun soviel Weißwein dran bis die Suppe nicht mehr zu dick daherkommt. Je dünner, um so eleganter. In die heiße, gut abgeschmeckte Suppe, kommt nun das zerschnittene Hirn.

بالعافية : das heißt Guten Appetit, (aber nicht auf Schwäbisch).