Kleiner Auszug aus meinem gerade entstehenden Buch über Venedig.
Am 13. September 1506 starb Andrea Mantegna fünfundsiebzigjährig am „Schwarzen Tod“, im damals von der Pest geplagten Mantua. Mantegna wurde 1431 nördlich von Padua geboren. Als Kind hütete er Ziegen und Schafe. Mit zehn Jahren wurde sein Talent auffällig, als er bemerkenswerte Zeichnungen in Steine ritzte. Der weitbekannte Maler Francesco Squarcione nahm ihn in die Lehre und Andrea Mantegna erlernte das damals zum Handwerk zählende Zeichnen und Malen, in dem er antike Statuen kopierte. Sein Meister gehörte in jungen Jahren noch der Goldgrundmalerei an, wie wir sie von mittelalterlichen Ikonen kennen. Nach sieben Jahren trennte er sich von seinem Mentor, der ihm offensichtlich nichts mehr beibringen konnte. Er arbeitete als Gehilfe des Bildhauers Donatello, einem Vorbild von Michelangelo. Er arbeitetet ihm an en Fresken der Ermitanikirche in Padua(1448-1457. Danach wechselte er an den Hof von Ferrara. Dort lernte er Werke des Flamen Roger van der Weyden kennen, der in Diensten der Herzöge von Este am Werk war. Mantegna heiratete die Schwester des berühmten Malers Giovanni Bellini, die auf den schönen Namen Nicolosia hörte. Er trat dann seinen Dienst als Hofmaler beim Markgrafen von Mantua an, seine Position entwickelte sich zu einem Staatsbeamten, mit gelegentlichen diplomatischen Aufgaben. Er gründete in Mantua eine Malschule und kam zu beträchtlichem Vermögen.
In der Cà d‘Oro, einem der schönste, rein gotischen Paläste am Canal Grande, dessen Fassade einst vergoldet war, hängt ein Gemälde des Malers, der nördlich von Padua die Welt erstmals erblickte. Das Bildnis des Hl. Sebastian nimmt im Palazzo Cà d’ora fast den ganzen Raum ein. Das hat durchaus etwas Sakrales. Ich bin alles andere als ein gläubiger Mensch und einige Jahre zuvor hätte ich in mir nicht den Ernst versammeln können, diesen Raum mit dem formatfüllenden Pestheiligen, als Sakral zu empfinden. Vielleicht verdanke ich diese mir neue Sensibilität dem Lockdown und der Wehrlosigkeit, mit der mich das Coronavirus erschüttern kann. Epidemien zeigen uns, wie klein wir sind, und wie es geschehen kann, dass viel, viel kleinere Lebewesen uns bezwingen können. Ich kann so die Demut der Menschen im Quattrocento mittlerweile gut nachvollziehen.
Da steht der schmerzverzerrte Sebastian, der seinem Glauben treu bleibt. Von vielen Pfeilen durchbohrt windet er sich, die Haare in qualvollem Durcheinander, der Mund im Leiden entgleist. Sein Lendentuch mit meisterlich lebendigem Faltenwurf, die Augen sind nach oben verdreht, als erflehten sie Hilfe vom Himmel.