Vincents Tagebuch

Zur Geschichte des Restaurants

von | 4. Dezember 2021 | Allgemein

Im 16. Jahrhundert begannen englische Inns und Tavernen zu festgelegten Zeiten und zu einem Einheitspreis ein Tagesgericht anzubieten, an einem gewöhnlichen Tisch und mit speziellem Geschirr. Das Gericht wurde das “ordinary” genannt.. Zwei sehr bekannte “ordinairies” waren das “Castle” und “Lloyd’s”, ein Treffpunkt von Kaufleuten. Im 17. Jahrhundert wurden aus den “ordinaries” Clubs, Spielsalons und Zentren intensiver politischer Debatten und Aktivitäten, bis sie von Charles II im Jahre 1675 geschlossen wurden.
Ursprünge der Gastronomie in Frankreich
Bis ins frühe 18. Jahrhundert aß man in Paris öffentlich nur in Gasthöfen und in den Läden von “traiteurs”:
In den Gasthöfen saßen die Übernachtungsgäste mit am Tisch des Gastherrn. Man aß zu einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Essen (Tagesgericht) und zahlte einen Einheitspreis.Die “traiteurs” verkauften hauptsächlich Fleisch, Ragouts und Pâtisserie über die Straße, also Speisen, die man mit Holzfeuer, ohne die Möglichkeit einer genauen Kontrolle der Temperatur, zubereiten konnte.
Der Name “Restaurant” wurde erstmals 1765 in Paris benutzt. Ein Suppenverkäufer namens Boulanger verkaufte Schafsfüsse in weißer Sauce. Er nannte seinen Suppen “restaurants” or “restoratives”, weil man mit ihnen seine Körperkraft wieder herstellen konnte. In seinem bescheidenen Restaurant konnte man erstmals zu einer Zeit eigener Wahl (innerhalb der Öffnungszeiten) aus einer Anzahl von Speisen eine individuelle Auswahl treffen (à la carte) und eine sich aus der Addition der Preise einzelner Komponenten ergebende Rechnung (l’addition) begleichen.  Bereits 1651 hatte Pierre Francois de la Varenne (1615-78) in seinem Kochbuch “Le Vrai Cuisinier Francois” die Kochpraktiken in den Häusern des französischen Adels zusammenfassend dargestellt.  Im Lexikon von Trévoux von 1771 findet sich erstmals eine Definition der Betreiber von Restaurants. Restaurateure sind solche, die die Kunst beherrschen, Consommés, genannt Restaurants, und Bouillons zuzubereiten. Und sie haben das Recht, alle Sorten von Saucen und Suppen herzustellen.
1782 eröffnete mit “La Grande Taverne de Londres” ein erstes Luxusrestaurant in Paris. Der Besitzer Antoine Beauvilliers avancierte zu einer gastronomischen Autorität und schrieb 1814 das Buch “L’ Art du cuisinier”, ein Standardwerk der französischen Kochkunst.
Jean-Anthelme Brillat-Savarin (1755-1826), ein häufiger Gast, bescheinigte ihm, der erste gewesen zu sein, der die vier Essentials postulierte:
•eleganter Raum,
•freundliche Bedienungen,
•gepflegter Weinkeller und
•überragende Küche
Nach der französischen Revolution (1789-1799), viele Adelige wurden geköpft, eröffneten viele der arbeitslos gewordenen Küchenchefs von Adelshäusern Restaurants oder fanden darin eine Beschäftigung, sowohl in Paris aber auch im Exil, vor allem im reichen London. “Rules”, Londons ältestes Restaurant (1798) exisitiert noch heute. 1804 gab es in Paris bereits mehr als 500 Restaurants.
Vor der französischen Revolution speiste man überwiegend mittags zwischen 13 und 15 Uhr. Wegen der Deputiertenversammlungen, die üblicherweise bis 17 Uhr dauerten, verlagerte sich die Hauptessenszeit der Volksvertreter und ihnen folgend der meisten Bürger auf den Abend.
Mit der Veröffentlichung des “Almanach des gourmands” im Jahre 1803 erfand Alexandre Balthazar Grimod de la Reyniere (1758-1838) die Gastronomiekritik. Der neue “Literaturableger” fand bald ein starkes Echo bei gebildeten Leuten, die der elitären mondänen Salons überdrüssig waren und sich mit Freude in diese neue soziale Kultur stürzten, die in den Restaurants auflebte.
Das während der Napoleonischen Ära bedeutendste Restaurant “Véry” führte auf seiner Speisekarte ein Dutzend Suppen, zwei Dutzend Fischgerichte, 15 Fleischgerichte und Unmengen an Beilagen. Honoré de Balzac verschlang im “Véry” ungeheure Mengen von Austern, Fisch, Fleisch, Früchten, Wein und Spirituosen. Das Restaurant “Véry” wurde 1869 von dem benachbarten Restaurant “Le Grand Véfour” übernommen, welches bis in die Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts bewirtschaftet wurde. Ein weiteres überrragendes Etablissement im 19. Jahrhundert war das “Café Foy”, später “Chez Bignon” genannt, in dem der englische Schriftsteller William Makepeace Thackeray und der italienische Komponist Gioacchino Rossini verkehrten. Am 23. April 1893 eröffnete der Kellner Maxime Gaillard in Paris ein Lokal, das bald zum kulinarischen Zentrum von Paris wurde und das 1979 als erstes Restaurant der Welt unter Denkmalschutz gestellt wurde: das luxuriöse Maxim’s (siehe dazu ein Kalenderblatt “1893: Eröffnung des “Maxim”).
Bereits nach den Befreiungskriegen 1812/13 wurde das Bistro “erfunden”. Die Pariser Gastronomen boten den hungrigen Kosaken, die 1814 Paris besetzt hatten, geschäftstüchtig eine günstige kleine, schnelle Mahlzeit an. Das russische Wort “bystro” bedeutet schnell”.
 Frankreich brachte viele der besten Küchenchefs hervor, wie Georges-Auguste Escoffier (1847-1935), der die Küche im Luxushotel von César Ritz organisierte und dort die “brigade de cuisine” einführte, welches aus geschulten Köchen, mit klar definierten Aufgabengebieten, sich zusammensetzt. Diese Brigaden teilten sich gewisse Aufgabengebiete, wie Saucier, entremetier, Patissier, Gardemanger u.s.w.
Bedient wurde nach dem französischen Service, der Kellner hält die Platte, oder die Schüssel hin und der Gast nimmt sich etwas.Im “service à la francaise”: der Gast bedient sich selbst. Heute wird nach dem “grand service à la russe” serviert, Die Gerichte werden den Gästen gezeigt, bevor sie an einem kleinen Beistelltisch auf Teller gelegt und den Gästen vorgelegt werden. Die primitivste Form ist infolge Personalsparens und Personalknappheit die momentane, man nennt das Tellerservice.
Marie Antoine Carême