Vincents Tagebuch

Sommelier

von | 5. November 2021 | Tagebuch

Das wichtigste Atribut dürfte Menschenkenntnis sein. Deshalb kann man nicht, kaum der Pubertät entwachsen, ein ausgereifter Sommelier sein. Trotzdem ist es wunderbar, dass der Beruf zahlreich ergriffen wird, und irgendwann muss man halt anfangen. Schließlich ist Jugend ein Fehler, der sich von Tag zu Tag bessert. Will man jedoch Allwissenheit vorführen, was immer wieder, auch bei anderen Berufen zu finden ist, so kann das mit Niederlagen, zum Schaden des wunderbaren Berufs führen. Ein Sommelier ist nie fertig, mit dem Kochen ist es genauso.

Wenn ich mich selbst an der Nase packe, so habe ich mich nun fast 50 Jahre mit Wein beschäftigt,  bin aber nie so gründlich in der Materie eingedrungen, dass ich es wagen würde, mich Weinkenner zu nennen. Und mit dem Weinwissen ist es beim Sommelier längst nicht getan. Er muss Geschmackliche Querverbindungen vom Gericht zum Wein analysieren können und seine Beratung danach ausrichten. Er muss ungefähr erahnen wieviel der Gast für die Weinbegleitung ausgeben will. Zurückhaltung ist auch angesagt, und noch dazu, dem Gast die Illusion lassen, dass er mehr vom Wein versteht als irgendwer. Es muss auch viel Freizeit geopfert werden um Winzer aufzusuchen, ihre Philosophie und Erzeugungsmethode zu ergründen. Das geht nur mit absoluter Leidenschaft. Es ist kein Job, sondern ein tiefgründiger Beruf. Es geht soweit, dass es dazugehört auf welchem Boden die Rebe gewachsen ist, ganz zu schweigen von der Unmenge an Rebsorten um die der Sommelier wissen muss. Mittlerweile gibt es sehr viele Weinliebhaber, die selbst über großes Wissen verfügen. Kommen aus dieser Ecke Detailfragen, darf man nicht ins stottern kommen. Er muss auch seine Service-Kollegen im Auge haben und auch dort helfen, denn wenn mit dem Wein alles gut funktioniert, und mit dem Essen nicht…? Die Liste könnte man beliebig weiterführen.
Für mich als Koch und Wirt ist es wichtig, dass Andreas Lutz all diesen Vorgabe entspricht und ich mir inzwischen den Wahn abgeschminkt habe, diesem Mann Hinweise zu geben, sondern dankbar seinen Empfehlungen folge. Das heißt auch, er ist mit beträchtlicher Vernunft ausgestattet, kann Wein einkaufen soviel und was er will. Das geschieht nun in der Wielandshöhe im 10. Jahr und seit 26 Jahren ist der Mann in seinem Beruf Unterwegs. Ich muss sagen, dafür sieht er immer noch verdammt gut aus.