Vincents Tagebuch

Falscher Hase

von | 9. März 2021 | Allgemein

Zuerst mein absoluter Fastenzeit-Lieblingswitz, dessen Philosophie sehr meiner Lebenshaltung entspricht: Ein Rabbi betritt eine Metzgerei und zeigt auf den Schweineschinken: „Von diesem Fisch möchte ich gerne 300 Gramm.“ „Mein Herr“, sagt der Metzger, „das ist kein Fisch sondern ein Schweineschinken.“ Der Rabbi erwidert: „Welchen Namen Sie diesem Fisch geben, ist Ihre Sache. Ich möchte gerne 300 Gramm von diesem Fisch!

Wildhasen haben ab der Januarhälfte Schonzeit, deshalb der Falsche Hase. Ich hätte auch gerne ein Kaninchenrezept geboten. Kaninchen habe ich aber seit Jahren nicht mehr gekocht. Kaninchen werden fast ausschließlich genauso brutal gezüchtet wie Hähnchen.  Es gibt wenige Bauern die Kaninchen artgerecht aufziehen. Sie lassen sie aber zu groß werden. So kam es zum deutschen Rammler, zäh, dann weichbraten, und letztlich staubtrocken.

Nun also “Falscher Hase”, vulgo Hackbraten.
Dieses Traditionsgericht wollen wir aus dem trittfesten Cevapcici-Milieu rausholen, um ein Kunstwerk daraus zu machen. Es steht nicht in gutem Ruf, das „Durchgedrehte“. Es gibt viele Dinge, etwa die Wurst, da weiß man auch nie, was wirklich drin ist. Es empfiehlt sich, solche Gerichte gut zu beäugen und das Durchgedrehte nicht beim Discounter zu kaufen.
Für Hackbraten gibt es auch den Namen „Judenbraten“ – erst dachte ich an Antisemitismus, aber weit gefehlt! In der Zeit der habsburgischen Aufklärung fanden zahlreiche Rezepte der Kronländer, aber auch viele jüdische Gerichte, ihre Heimat in Wiener Kochbüchern. Damit wollte man den Vielvölkerstaat zwischenmenschlich festigen und einen Beleg für die kulturelle Vielfalt des Habsburgischen Reiches installieren. Leider war die Zeit bis zum 1. Weltkrieg viel zu kurz. Der Historiker Hannes Etzlstorfer spricht vom „Judenbraterl“. Er wird auch Heuchelbraten genannt. Es gibt auch Auslegungen, die im und nach dem zweiten Weltkrieg die Runde machten, dass man aus Not ab und zu Katzenfleisch durch den Wolf drehte.

Mit dem Koscheren nahmen es nur die orthodoxen Juden genau. Der in Wien beliebte Hasenbraten ist auch nicht koscher, und daher rührt der Ausdruck „Falscher Hase“.

Um das Thema abzuschließen, finden Sie unter der Rubrik “Rezepte” den Falschen Hasen in der Abteilung “Fleisch”.

 

An Ostern hat Meister Lampe Schonzeit. Aber unter der Rubrik "Kunst" kann man ihm habhaft werden. Es gibt ein Rezept auf Büttenpapier dazu, das eigentlich schon den halben Preis wert ist.