Heute muss ich mal meinen Service loben.
Die Damen und Herren haben es nicht leicht. Der eine Tisch will nicht gestört werden, der andere braucht Zuwendung. Das muss man alles erahnen. Schaue ich mich in den Medien um, dann erinnert mich das an die Schweiz, die ja fast keine Polizisten beschäftigen muss, da jeder Nachbar als Hobbypolizist die Straße kontrolliert.
In Deutschland braucht es, ähnlich, keine Gastrokritiker mehr, denn die Hobby-Gourmetblogger beherrschen die Szene, die allerdings nur kleinen Kreis der Leute vor sich hinsumpft, die sonst im Leben nichts zu melden haben. Glaubt man dem Gefrickel, so scheint es mit dem Essen in Deutschland ganz gut zu klappen.
Hauptsächlich kreigt der Service sein Fett ab. Die ausufernde Gier nach Liebe, das Aufmerksamkeitheischen, das übertriebene Geltungsbedürfnis gottlob nur weniger Gourmets ist allerdings schwer im Wildwuchs. Das Bedienpersonal scheint in den sozialen Medien schlechter wegzukommen als die Deutsche Bahn, die auf der nach unten offenen Skala des Shits Platz eins besetzt. Dem heroische Bahnpersonal geht es nicht viel besser als dem Gastronomieservice. Wer will da noch gerne bedienen?
Niemand achtet den Kellnerberuf. Damit steht Deutschland ganz einsam da und das halte ich für bedenklich. Wenn man sich im Ausland umschaut, so gibt es gute Gründe, warum der Teutone, als Rudel ganz besonders, sehr gefürchtet ist. Wenige Kotzbrocken verleiten zu einem falschen Bild. Wer übrigens in Paris einen Espresso bestellt und nicht „Bitte“ sagt, der bekommt sein Tässchen grundsätzlich eine Viertelstunde später. So haben das die Pariser Kellner beschlossen.
Die Zeit der Sklaverei ist längst vorbei, aber Herrenmenschengedöhns ist nicht auszurotten. Unserem Servicepersonal hat meine Frau, die ja die oberste Chefin hier ist, jegliches „einschleimen“ bei selbstverliebten Gästen verboten. Wer gar als Gast ruppig zum Personal ist, soll das umgekehrt auch ein bisschen spüren. Der Kellner ist kein Entertainer und auch kein Therapeut, der gelangweilten Leuten, die sich oft nichts mehr zu sagen haben, ein Sanierungsangebot zu machen hat.
Da hat man natürlich schnell die Frustblogger am Hals, aber egal.
Uns verhalf das zu einem Gästekreis, der ganz wunderbar ist.
Kochen mach Spaß, mehr aber noch der Umgang mit gebildeten, wissenden Gästen. Diese schätzen echte Küche ohne Molekular-Accessoires, sie mögen Innereien, und wissen Bioware und auch unsere vegetarischen Gerichte zu schätzen. Das ist das, was mir den Beruf nach 50 Jahren immer noch jugendlich erscheinen lässt.