Frauen sind auch dazu da, ihre Männer aus dem Hamsterrad zu holen.
So geschehen diesen Sonntag. Die Ausstellung des Lichtkünstlers James Turrell im Museum Frieder Burda in Baden-Baden müsse unbedingt besucht werden. Also los am frühen Vormittag und rein in den wunderschönen Bau des amerikanischen Stararchitekten Richard Meier, zweifelsohne ein ganz Großer. Andererseits auch ein großer, eitler Sekel, denn er untersagte seit vielen Jahren, dass das Museum eine Turrell-Installation in Angriff nehmen konnte. Der kleinliche, große Architekt hatte Sorge, dass die luzide Wucht von Turrell sein architektonisches Kunstwerk in den Schatten stellen könne. Die Sorge ist begründet.
Das Zentrum der Ausstellung ist ein Raum bei dem man nebelig, somnambul im Licht versinkt, höchstens zehn Personen dürfen schubweise für 10 Minuten in diese Illumination. Wenn Kirchen Gelegenheit zur Meditation bieten, dann kann es ein Turrellinstallation um ein Vielfaches. Allerdings, mir gelang es nicht mich in dem Lichtwürfel der totalen Versunkenheit hinzugeben. Das liegt aber an mir. Ich wollte früher mal autogenes Training erlernen, musste aber auf dem Therapeutensofa ständig an meinen Braten im Ofen denken, kurzum, für Mediation bin ich viel zu zappelig, ausschließlich mit Musik gelingt es mir, den Alltag vergessen zu lassen.
James Turrell lebt und arbeitet in Flagstaff (Arizona) auf einem Grundstück, das sich auf die Weite eines großen Landkreises dehnt. Mittendrin entdeckte der begeistere Sportflieger 1973 einen erloschenen Krater. Damals hatte er schon die Idee innerhalb des Kraters Lichtkunstwerke einzubringen. Er kaufte die ganze Gegend.
Turrell ist Quäker, ein etwas komischer Name für eine Religionsgemeinschaft, die sich eigentlich “Religious Society of Friends” nennt und 1650 in England gegründet wurde. Ich bin gegen jede religiöse Äußerung und Missionierung in der Öffentlichkeit, aber die extrem pazifistischen Quäker gewinnen mir Respekt ab. Religionsgrundlage ist: “Das Licht Gottes wohnt in jedem”! Es gibt streng bibeltreue Gemeinschaften, aber auch liberale. James Turrell, der sehr sympathisch wirkt, wurde mal von seiner Mutter zurechtgewiesen, als er jung und militant gegen Vietnam protestierte. Die Mutter sagte: “Bub, du führst Krieg gegen den Krieg!” So etwas prägt und auf die Frage zur Hybris des heutigen Kunstbetriebs erklärte Turrell, dass Kunst leider sehr den Gesetzen des Kapitalismus folge. Er nimmt sich quasi selbst auf die Schippe, wenn er konservative Quäker, die gegen Kunst sind, zu Wort kommen lässt, die sagen, dass Kunst reine Eitelkeit sei.
Mancher wird sich fragen, warum das alles einen Koch interessiert? Die Antwort ist ziemlich einfach, dieses Jahr bin ich insgesamt fünfzig Jahre lang am Kochen. Ich reflektiere mein Tun ständig mit berufsfremden Eindrücken. Nur das hält so lange frisch, denn fünfzig Jahre ausschließliches Pfannkuchenkarussell hätte mir bestimmt auf die Birne geschlagen.
So bleibt es nicht aus, dass mir mein Beruf immer noch grandiose Freude bereitet. Zwar habe ich nicht mehr die Kraft direkt am Herd den Vorturner zu demonstrieren, aber ich habe noch die Energie und den Spaß, ähnlich einem Fußballtainer, dafür zu sorgen, dass sich auf der Wielandshöhe alle Beteiligten wohlfühlen. Das bedeutet, die Sorgen sind nicht weniger als früher, aber die Freude am gemeinsamen Tun und die Beschäftigung mit den Gästen, also das Wirten, sind um so reichhaltiger.