Vincents Tagebuch

Heimat

von | 30. Mai 2018 | Allgemein

Arthur Schopenhauer war seiner Zeit voraus: „Mit Italien lebt man wie mit einer Geliebten, heute im heftigen Zank, morgen in Anbetung“, schrieb der Philosoph, „mit Deutschland wie mit einer Hausfrau, ohne großen Zorn und ohne große Liebe“.
So fühlte ich auch lange, bis mir aufging, dass beim Überschreiten der Grenze, die Malaisen und der kleinteilige Ärger der Heimat zurückbleibt und man in eine Landschaft und andere Lebensform eintaucht, deren Oberfläche spiegelt wie ein See und man jedoch nicht weiß, wie trüb das Wasser wirklich ist. Man muss es auch nicht wissen, sondern wie ein Kind die Gegebenheiten genießen. Deshalb ist wirkliche Entspannung Zuhause nicht optimal möglich, sa es ja immer irgend etwas zu tun gibt. Alle Gartenfreunde, die auch einen Liegestuhl besitzen können ein Lied davon singen. Kaum lässt man sich darauf nieder legen die Blattläuse erst richtig los. 
Man gibt sich einer anderen Kultur hin, freut sich an den schönen Steinhäusern und dem ehrlichenEssen, beispielsweise in der französischen Provinz, oder nuckelt am Frascati, der in der Nähe der Römischen Brunnen den Kopf erfrischt. Dieser Wein ist letztlich ein Zeugs, das als Reisepräsent alle Freunde vertreiben würde. Es ist doch richtig schön, wie man sich selbst betrügen kann und wie das Glück uns in hohem Maße als wunderbare Illusion umnebelt. Nichts schmeckt besser als Frascati in Rom. 
Auch ist es ein großer Unterschied, ob man in einem Land sein Geld verdienen muss, oder ob man es ungeschafft, freudig um sich werfen darf. 
Kurzum Deutschland ist nicht so übel wie immer gejammert wird. Wie sagte mir kürzlich ein Gast, aus dem Libanon kommend, der einige Tage in Stuttgart verbrachte. „Es ist wunderbar hier in Stuttgart, ich darf in einem Straßenkaffe mit einem Cappuccino vor mich hindösen und werde von niemandem beschossen.