Vincents Tagebuch

Österreich

von | 24. April 2018 | Allgemein

Mit meinen Recherchen zu meinem neuen Buch über die Stadt Wien 
und die ganze, schwer menschelnde Melange von Rest-Habsburg, habe ich noch etwas ein Jahr Zeit. Ich bin mit Freude dran, denn es berührt mich schwer, dass viele deutsche Tugendmenschen das jetzige Österreich für eine Vorhölle halten. 
Der Schriftsteller und Regisseur David Schalko spricht von dem seltsamen Verhältnis der Deutschen, als gäbe es ein reales Österreich gar nicht, sondern sie halten es womöglich für eine literarische Erfindung. DDD, der dumme Deutsche lächelt gerne über Österreich. Ich stelle jedoch fest, dass in Österreich vieles gut funktioniert, über das in Deutschland noch jahrelang zu diskutieren sein wird. Wien ist eine Großstadt, mit 1,7 Millionen Einwohnern, die zweitgrößte deutschsprachige Stadt. Die Mieten sind trotzdem annähernd halb so teuer wie bei uns, zwischen 8 und 11 Euro pro Quadratmeter. Die Stadt Wien sorgt dafür, das 75 % der Mietwohnung im Stadtbesitz sind und ertragsoptimierende Investoren kurz gehalten werden.  
Insgesamt fahren die Verkehrsmittel der “Wiener Linien” täglich ungefähr fünf Mal um die Erde, zusammengenommen 210 000 Kilometer. Und das Erstaunlichste: Fast immer funktioniert das reibungslos. Das Jahresticket für das gesamte Netz kostet nur 365 Euro, also 1 Euro am Tag, egal wie oft und wie weit man sich herumkurven lässt. Ja, und die Renten sind ungefähr doppelt so hoch wie bei uns und die Lebensmittel im Schnitt weitaus besser wie im Geiz ist Geil Land.
Das Musikleben in Wien ist sowieso seit Jahrhunderten sensationell, und die Wiener Küche echt und unverkrampft, eben so wie der Wiener selbst auch ist. Wer einen Wiener allerdings mit allzuhartem Hanover-Hochdeutsch anredet, ist zwar nicht als Untermensch signiert, aber doch ein bisserl diskriminiert. Als Schwabe werde ich grundsätzlich wie ein König behandelt, vielleicht aber auch, weil ich aussehe, als würde ich einen Fiakergulasch von einem Hieferscherzl (Hüfte) unterscheiden können und als veganische Gloriette, den Leberknödel besinge.
Dass die Wiener die Juden nicht mögen, denen sie den Großteil Ihrer Kultur, der Literatur und Musik verdanken, das stimmt mich etwas wehmütig, passt aber ins Bild, weil man über die Wiener alles Behaupten kann, von gut bis schlecht und alles passt irgendwie genau ins Vorurteil.  Auf alle Fälle, Wien hat weltweit die höchste Lebensqualität.