Christian Seiler
ein echter Wiener Genussmensch (dem man dies nicht ansieht) und mit einer gastronomischen Ahnung, die man in Deutschland kaum vorfindet. In diesen Topf kann ich aber alle Österreicher auf Silber servieren. In Sachen Genuss sind wir gegen Österreich ein Entwicklungsland. Ja, ja, trotz all der Sterne die wir haben und die überhaupt kein Indiz für genießerischen Volksempfinden sind.
Als Beispiel diesen kurzen Textauszug:
Die Gastronomie – wie leider auch die Kunst und die Musik und der Fußball, sofern er interessant sein soll, fällt längst unter den Überbegriff “Showbusiness”.
Weiter richtet der Autor das Wort an die kreativen Köche …Ich finde es auch nicht nötig, dass so viele von euch beginnen, Obst und Gemüse, nein, nicht haltbar zu machen, sondern zu fermentieren, als durch enzymatische Umwandlung in einen anderen Aggregatszustand zu überführen. Ihr müsst nicht, was etwa in Korea mittels Milchsäuregärung praktiziert wird, in wenigen Wochen nachlernen und uns mit “hausgemachten” Fermentations-Zwischenprodukten verwöhnen, deren Wirkung auf den Metabolismus noch nicht erprobt ist, jedenfalls nicht von mir. Es gibt das Zeug auch zu kaufen, bei Produzenten, die das können. So spricht unter vielem anderen, der Österreicher Seiler, dessen Kolumnen man sich nicht entgehen lassen sollte. http://www.christianseiler.com/
Vincent Klink kann das alles gut nachvollziehen. Die langen Gourmetmenus transportieren im Grunde viel Puritanismus und kleinbürgerlich Geschwollenes. Drei bis vier Stunden picken, zwischen jedem Gang zwanzig Minuten Pause? In zwei Minuten habe ich die Preziose auf dem Teller weggeputzt und dann wird zwangsläufig das Warten wieder mit Trinken überbrückt.
Es gibt disziplinierte (oder geizige) Leute, die trinken so langsam, dass mehr im Glas verdunstet als getrunken wird, denn die Pausen zwischen den Gängen summieren sich gerne auf ein- bis zwei Stunden, wenn nicht mehr. Ein echter Weintrinker hat dann, jedenfalls, so geht es mir: Ich habe dann einen Gewaltigen sitzen und muss mich ins Taxi tragen lassen.
Übrigens: solche Gourmetabenteuer werden dann als bekömmlich angepriesen.