Vincents Tagebuch

Lièvre Royal

19. Dezember 2025 | Tagebuch

Lièvre à la Royale gehört zu den legendärsten Gerichten der französischen Hochküche. Umrankt von Mythen, gilt es als Inbegriff aristokratischer Opulenz – doch seine Geschichte ist komplexer, als die oft zitierte Zuordnung zur Zeit.

Ursprung und frühe Zuschreibung
Traditionell wird Lièvre à la Royale gern dem Hof Ludwigs XIV. (1638–1715) zugeschrieben. Der Sonnenkönig liebte Jagd und festliche Bankette, und Wildgerichte spielten am Versailler Hof eine zentrale Rolle. Ein aufwendig zubereiteter Hase, in reichhaltiger Sauce serviert, passt durchaus in diese kulinarische Welt. Konkrete zeitgenössische Belege aus dem 17. Jahrhundert fehlen jedoch. Die Verbindung zu Ludwig XIV. ist daher eher symbolisch als historisch gesichert. Historisch greifbar wird das Gericht erst im 19. Jahrhundert.

Die Version des Sénateur Couteaux
Diese heute berühmteste Variante entstand um 1898. Der Hase wird entbeint, mit einer Farce aus eigenem Fleisch und Innereien gefüllt, langsam geschmort und in einer tiefdunklen Sauce aus Rotwein, Blut, Leber und Knochenmarkserviert. Diese Interpretation machte Lièvre à la Royale zu einem Monument der klassischen französischen Küche.

Lièvre à la Royale steht für:
absolute Produktverwertung (Nose-to-Tail)
Technische Meisterschaft,
langsame, präzise Zubereitung,
und eine Küche, die Reichtum nicht durch Menge, sondern durch Tiefe zeigt.
Bis heute gilt das Gericht als Prüfstein für Spitzenköche und erscheint nur selten auf Speisekarten – meist in Häusern, die sich der klassischen Haute Cuisine verpflichtet fühlen.

Kurzum:
Auch wenn Lièvre à la Royale gern romantisch in die Zeit Ludwigs XIV. zurückverlegt wird, ist es kein eindeutig belegtes Hofgericht des Sonnenkönigs. Vielmehr handelt es sich um eine späte Verdichtung barocker Kochideale, die im 19. Jahrhundert ihre endgültige Form fand – und bis heute als eines der anspruchsvollsten Gerichte Frankreichs verehrt wird.

 

Muss richtig grinsen. Vor zwanzig Jahren wurde ich vom Gaullt Millau niedergamacht weil mein Rosenkohl angebräunt war. Heute noch schmeckt mir beim Kohl (z.B. Kohlwickel), das Angebräunte am besten.