Vincents Tagebuch

Vom Segen des “Spleen”

von | 24. Mai 2024 | Allgemein

An Ehepaaren kann man es oft beobachten. Die Frau ist die Stimme der Vernunft und der Gatte pflegt seine Spleens, bastelt an seinem Motorrad, der Modelleisenbahn, sammelt Bierdeckel, Kronkorken oder teuere alte Bücher. Oder erpfriemelt an kompliziertesten Modellflugzeugen, oder baut ein Backhäusle, sammelt Jazzplatten oder antike Dachplatten und muss dafür extra einen Schuppen anbauen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Meine Frau, von meinen Speens schwer gestresst, stand immer auf der Bremse, weil diese lustvollen Nebenwege erstens Geld kosten und darüber hinaus vom Gelderwerb ablenken. Mit der Zeit merkte sie aber, dass ich durch meine “Spleens”, (Bogenschießen, alte Bücher, ständig eine anderes Musikinstrument, Druckmaschine, analoge Photoapparate, Hobelmaschne, Holzschnitte, dafür Buchenholz in Festmetern. Meine gute Frau merkte, dass ich daduch keinen Herzfehler oder Burnout hatte, oder das Geld zum Psychiater tragen musste.

Die Gute hatte mit mir ihre liebe Not, aber selbst keinen “Spleen”. Deshalb rede ich jetzt von ihrer Leidenschaft, welche auch die DNA von Eva bestimmt. Es ist komromisslose Gastronomie und es sind die Blumen, und darüber hinaus, geradezu besessen, das Interesse für Wein. Sie erledigt den ganzen Einkauf, das Probieren, das Auswählen. Da quatsche ich gar nicht dazwischen, denn es gibt nicht zerstörenderes, als wenn ein Seniorchef alles besser wissen will und ständig herummeckert. Der Nachwuchs macht viele Fehler, weil er viel arbeitet. Der Seniorchef, bis hoch zum Direktor oder Aufsichtsratschef, macht keine Fehler, weil er eben gar nichts augenscheinliches macht.

Nochmal zurück zu den Blumen in der Gastronomie. Sie sind immer ein Signal der Großzügigkeit. Leider oft stehen sie für unternehmerischen Geiz. Ich bin überzeugt, der Gast merkt so etwas im Unterbewusstsein und wird selbst geizig. Ein gutes Gasthaus muss eine lebensfrohe Aura schaffen, die meinetwegen sogar leichtsinnig macht und den Gast zur Opulenz verführt. Man denke daran, wie im Urlaub oft der Geldbeutel locker sitzt, man aber dafür Freude bekommt von der man einige zeit zehren kann ohne das man dann Geld ausgibt.

Letztes Wochende war ich auf der schwäbischen Alb. Ein Gasthaus rückte vor die Windschutzschutzscheibe. Anhalten, aussteigen, und dann wieder ruckartiges Einsteigen und losfahren. Eine Wirtschaft, schönes Gebäude, allerdings ernüchternd: Die Balkonkästen mit Plastikblumen verunstaltet. Mit dünkte, außen Plastik, innen Plastik und das Essen sicher auch. Meine Oma hätte gesagt: “Guat Nacht om Sechsa!”

Im Betrieb haben wir noch eine andere Blumenkönigin. Sie hört auf den Namen Nirupa. Darüber wird nächste Woche berichtet.