Vincents Tagebuch

Ab Heute: Slowfoodmesse

von | 4. April 2024 | Allgemein

Das Gedöhns um die Sternegastronomie wirkt mir etwas überhitzt, trotzdem es ist wichtig, dass es mit dem Michelin eine Institution gibt, die sich um die absolute Hochküche kümmert. Jedem das seine, ich selbst bin von meiner Persönlichkeitsstruktur für ziselierte Feinheiten etwas zu rustikal gestrickt und nicht auf Tellertatoos und viereckige Wagyu-Steaks abonniert. Was das Essen anbetrifft, rückt Deutschland immer mehr zur Diktatur, die Veganer wollen die Herrschaft über die Vegetarier erringen. Die Fleischfraktion sucht nach schwerem Gerät, um die Vegetarier zu vernichten. Das Land der lutherischen Reformation kann es nicht lassen Andersdenkende oder andere Kulrturen zu missionieren. Selbst das Auswärtige Amt steht ausdauernd auf der Kanzel des Predigens um fremden Völkern die Welt zu erklären.

Zurück zum Guide Michelin, alles schön und recht, zu begrüßen sind auch die BiB-Restaurants. Ich orientiere mich auch gerne am SLOW FOOD Genussführer. Darin findet man solide Wirtschaften, die mit guten Produkten arbeiten. Letzten Dienstag war ich mit Eva in einem solch empfohlenen Gasthaus. Für dieses will ich keine Werbung machen, denn der Laden ist eh dauernd bummsvoll. Überhaupt und generell, man bekommt nur mit Mühe einen Tisch in Kneipen, wo es ausschließlich um Essen, Geselligkeit und nicht um Statussymbole geht.

Jedenfalls letzten Dienstag, eine Handwerker- und Arbeiterkneipe. Ein Gast kam durch die Türe, der hatte noch den Meterstab in der Hand. An einem anderen Tisch spielten einige gestandene Männer Karten. Flaschenweine gab es nicht, aber einen Krug Verrenberger Lemberger zum Friedenspreis. Die Leberspätzlessuppe war prima. Der Rostbraten, kein argentinisches Rumsteak-Brikett, sondern eine großflächige Scheibe vom einheimischen Rind, abgehangen, optimal zart und frisch gebratene Zwiebeln oben drauf. Und das war der Knaller, handgeschabte Spätzle! 26 Euro empfand ich als zu billig. Evas Kalbsleber, korrekt rosa gebraten und dazu Bratkartoffeln auf weltmeisterliche Art. Nicht die schwäbischen angekokelten Brocken, sondern sehr fein geschnitten, so wie man im Badischen Brägele dazu sagt. Dessert von der Chefin eingelegte Zwetschgen mit Walnusseis. Der Koch: ihm ein ganz großes Kompliment!

Ich verrate es nicht wo sich dieser wunderbare Trog befindet, laden Sie sich den SLOW-FOOD Genussführer aufs Handy und es beginnt für Sie eine neue Gourmetzeit. Für den Eintritt in solche Lokale empfiehlt es sich die Nerzstola zuhause zu lassen und im Buschhemd aufzukreuzen.

Ob auf die Schnelle handgeschabt, oder durch die Spätzlespresse gedrückt, das ist ziemlich egal. Verammt sollen aber alle Wirte sein, die Tütenspätzle anbieten.