Vincents Tagebuch

Altersgenossen nerven!

von | 16. August 2023 | Allgemein

Bei Frauen ist es vielleicht weniger ausgeprägt, aber alte Kerle nerven mich häufig. Sie schwelgen von morgens bis abends in Erinnerungen. Früher hatte alles sein Ordnung, mit fünfundsechzig ging es in Rente und mit siebzig machte man den Abflug. Heute geht man mit fünfundsechzig in Rente und nervt dann mindestesn zwanzig Jahre lang wie toll, lustig und staatstragend man war. Im Grunde bedeutet das für viele, dass sie keine Idee für ihr kommendes Leben ergreifen. Tranquile, gemächliche Zeiten in der oft sehr langen Alterphase.

Nicht jeder hat natürlich ein Kneipe, die mit jungen Mitarbeitern vor Senilität schützt. Meine ganzen Interessen, die über das Kochen hinausgingen, musste ich bis in die jetzigen Tage zurückstellen. Mit vielen Passionen lebenslang in Lauerstellung, kann ich mich nun diesen vermehrt widmen. Man muss sein Rentenalter früh planen und es ist besser weiter zu arbeiten, als die Lebensart meines Vaters zu kopieren. Mein alter Herr pflegte nie ein Hobby, der Beruf ließ es nicht zu. Er redete immer, “wenn ich in Pension bin, dann wird gereist und dies und das veranstaltet”. Ab dem Tag der Penionierung war nix mehr. Es begann der Winterschlaf bis ans Lebensende. Kein Spleen wurde gepflegt, keinerlei Verrücktheit, keine Modelleisenbahn, kein Sinn für Werken und Basteln. Er verfügte über große Kenntnisse in Kunstgeschichte und sprach fließend Latein. Sein Berufsleben endete in dem wahnsinnigen Titel Ober-Stadt-Veterinär-Direktor. Er war in seinem Beruf sehr gut, aber nie ganz glücklich. “Ewig studieren und dann in Kuharschlöchern herumzufuhrwerken?” Sein Klagen war immer wieder zu hören.

Wie soll es in der Rente weitergehen? Die Frage stellte sich nicht. Es wurde den ganzen Tag gevespert. (“Es gibt keinen Grund nicht fünf mal am Tag gut zu essen”.) Das war okay, und der Rest war Dauerfernsehen. Der Mann war immer sehr umtriebig. Mit dem Ruhestand kam die Denkfaulheit und der Blick in die Welt durch ein Schlüsselloch von Vorurteilen.

Ehefrauen wünschen sich oft von ihren Männern, dass sie bitt’schön im Mittelpunkt des Zusammenseins stehen möchten. Ganz klar, fast jede die ich kenne, missbilligt das Hobby des Mannes. Ich sage dann immer: “Ein Mann der keinen Spleen hat ist letztlich unerträglich.”
Meine lieben Ehegattinnen, die sie diese Zeilen lesen, fördert jeden Spleen des Mannes, selbst wenn er nur Bierdeckel sammelt. Es ist für Ehepartnerinnen allemal besser, der alte Gnom parkt sich im Hobbykeller, als dass die sogenannte bessere Hälfte sich zum Heulen in den Keller hocken muss, um ihren Ehezoff auszusitzen.

PS. Wäre ich Ehefrau, fände ich es sehr schön und nützlich, wenn sich vielleicht der spätberufene “Partner-Hobbykoch” ständig in die Küche werfen würde. Aber nur dann, wenn er nach allem Bruzzelstress noch die Kraft hat, die Bude zu putzen.

 

 

Wie man sein Leben gut managt, erfährt man aktuell bei Epikur. (*341 v. Chr. † 270 v. Chr.)