Vincents Tagebuch

Maxim’s Paris

von | 24. November 2022 | Allgemein

Frau Elisabeth war gerade mal 23 Jahre alt, als wir mit dem ersten verdienten Geld nach Paris pilgerten. Wir wollten wissen, wo kulinarisch der Hammer hängt und klapperten die Dreisterne-Restaurants ab, bis das Geld alle war. Das dauerte nicht lange, drei Tage.
Zuerst suchten wir das Maxim’s in der Rue Royale auf. Es war der totale Schock, wir fühlten uns als die kompletten Landpomeranzen, dafür konnten aber die Ober des weltberühmten Etablissement nichts. Es war einfach so, die Kellner weltgewandter als heutige deutsche Spitzenpolitiker und Elisabeth und ich zwangsläufig blutige Greenhorns.

Wir wurden in den Omnibus verwiesen, den Nebenraum rechts des Eingangs, zur Straße hin. Das Hauptrestaurant hielt tiefer im Inneren mit einer Hauskapelle die Hautevolee bei Laune. Wir saßen in üppigstem Original-Jugendstil und alles, auch das Personal, erinnerte an die goldenen Zwanzigerjahre. Die Vorspeise wurde aufgetragen, zwei riesige Jakobsmuscheln, ungefähr mit 6 Zentimeter Durchmesser. Dermaßen ausgewachsene Cocquilles werden heutzutage als Rarität gehandelt, wenn es sie überhaupt noch gibt. Heute werden die Dinger schneller gegessen, als dass sie wachsen können. Die Cocquilles Saint Jacques waren mit knallgelben Safransauce überzogen. Es schmeckte galaktisch gut. Der Service in unserem Abteil, das der Oberkellner sicherlich nie betreten hat, also im Omnibus, war äußerst freundlich und hilfsbereit.

Wieso ich dies Erlebnis gerade heute erwähne? Ich las gestern, dass der Serviergehilfe im alten Paris als Omnibus bezeichnet wurde, politisch vollkommen unkorrekt entsprach das dem deutschen “Schleppneger”. Unter diesem Schandnamen arbeiteten Jungkellner und brachten die Speisen zu Tisch, besser gesagt vor den Tisch, wo der Guéridon wartete. An diesem Beistelltisch wurden aus Silbergefäßen auf die Teller serviert, und das war nun wieder die Arbeit des “Chef de Rang”, der dann auch die Teller einsetzte.

Jahrzehntelang hatte das Maxim’s drei Sterne, dann war die pompöse Uhr abgelaufen. Der Modeschöpfer Pierre Cardin kaufte den Betrieb und bis heute ist es eine Art von Museum, eine Zeitreise und das Essen und der Service sind immer noch sehr gut und garantiert ein Erlebnis.