Vincents Tagebuch

Schwäbische Maultaschen

von | 12. Januar 2021 | Allgemein

Der Schwabe beharrt darauf, dass es sich hierbei um eine astreine Eigenerfindung handelt. Das trifft aber ganz bestimmt nicht zu. Das Wort Maultasche hat sich erst später durchgesetzt. Vorher sprach man in alten Kochbüchern von gefüllten Nudeln, für die eine Vielzahl von erlaubten Füllungen notiert waren. Einer anderen Legende nach soll ein unbekannter Bruder Küchenmeister des Klosters Maulbronn die schwäbischen Maultaschen erfunden haben. In Maulbronn trug sich Folgendes zu: Die Mönche erhielten im Dreißigjährigen Krieg überraschend ein großes Stück Fleisch, unglücklicherweise war gerade Fastenzeit. So zerhackten sie das Geschenk, mischten es mit Kräutern und Spinat, um dem Ganzen eine vegetarische Patina zu geben. Dann tarnten sie alles, indem Sie es in kleinen Portionen mit Nudelteig umhüllten. Der Betrug, dem der Herrgott mit Augenzwinkern zugesehen haben soll, gelangte in Gerüchten unters Volk und so bekam das schwäbische Spitzenerzeugnis seinen Namen. Maulbronner Teigtaschen, Maultaschen, oder auch Herrgottsbscheißer. Die alte Geschichte ist wirklich nicht wahr, genausowenig wie der Name auf eine Adelige Dame namens Maultasch zurückgehen könnte. Diese Margarete von Tirol-Görz (um 1366) spätere Herzogin von Bayern, kam zu ihrem Namen wegen ihrer Hässlichkeit, irgendwas stimmte mit ihrem Maul nicht. Es gibt sicher noch vielerei Gerüchte um die Maultasche. Das ist alles wunderbar, denn, wenn auch nicht wahr, so sind es immer schöne Geschichten.

Man könnte die schwäbische Befindlichkeit durchaus in Parallelen an der Maultasche messen. Wie mancher dicke Mercedes am Kofferraum kein Typenschild ausweist, so kann in der Maultasche am ganz gemeinen Werktag oder gar am Karfreitag relativ viel “Floisch” versteckt werden. Das lieben die Schwaben: Versteckspielen, und trotzdem sollte durch den dünnen Teig leicht durchscheinen, dass man nicht am Hungertuch nagt.

Was es mit der Maultasche historisch wirklich auf sich hat lässt sich von einem  Kulturhistoriker, wenn auch nicht exakt, so doch mühelos nachvollziehen. Die schwäbische Küche hat unzählige Anleihen aus südlichen Ländern, weil Schwaben immer Durchgangs- und Besatzungsland war. Die Heimat der Maultasche ist also Italien und von dort kam sie über Arabien aus dem fernen  China. Marco Polo hat übrigens als erster Nudelimporteur einen umstrittenen Ruf. Vom Hohenstaufenkaiser Friedrich den II ist überliefert, dass er die Nudeln aus Arabien schätzte, das war annähernd fünfhundert Jahre vor dem italienischen Handelsreisenden.  

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