Vincents Tagebuch

Super Fleischküchle

von | 21. Oktober 2020 | Allgemein

Am Montag befand ich mich auf Recherche für mein neues Schwabenbuch, also weidete ich das Schwäbische Allgäu ab. Eine wirklich schöne Gegend, aber teilweise ziemlich vom Billigtourismus versaut. In Isny packte ich mein Fahrrad aus dem Auto und radelte durch die Stadt. Ein vertrauenswürdige Wirtschaft mag es geben, aber ich fand keine. Es ging auf vierzehn Uhr zu und ich geriet in Panik, von Hungerkrämpfen begleitet. In der Fußgängerzone von Isny radelte ich am “Löwen” vorbei. Ich drehte um, eine ältere Dame saß vor dem Eingang in der Sonne und ich fragte sie, ob ich noch etwas zu essen bekäme. Die Frau grüßte artig, zeigte mir die Türe und bat mich einzutreten. Ein kleines Bier wurde geordert und die Speisekarte aufgelegt. Ganz oben angetackert, wurden Fleischkücherl mit Spätze (Knöpfle) und Salat angezeigt. Ich dachte mir, so ein Tagesgericht ist immer frisch. So bestellte ich und war auf das Schlimmste gefasst. Meine Augen ließ ich durch die Wirtschaft schweifen und mir dämmerte, dass ich mich hier keineswegs in einer Kneipe befand sondern in einem historischen Raum. Dann kam das Essen und der erste Bissen rief bei mir Bewunderung hervor. Bessere Fleischküchle, auch von mir selber gemachte, habe ich noch nie gegessen. Die wohlschmeckende Sauce kam nicht aus dem Päckle. Den Salat von rohem Krautfleck, roten Beten und Kopfsalat empfand ich als sehr erfrischend, perfekt! Es war ein Schmaus!
Wer so etwas hinkriegt, der kann wirklich kochen. Rumpsteak kann jeder, aber Fleischküchle fordern Übung und Erfahrung.

Bei der Wirtin erkundigte ich mich lobend nach dem Koch und die Frau antwortete, dass ihr Mann am Herd stände. Ich nehme mal an, er war ebenso betagt wie die Wirtin. Ihre Lehrzeit absolvierten sie sicherlich noch in einer Zeit, als man noch von Grund auf die Gastronomie eingebläut bekam. Es war eine Zeit in die so mancher Überflieger von heute harsch abstürzten würde.
Was lernte ich aus all dem? Vorurteile sind allgegenwärtig, sollten aber immer überprüft werden!

Den Tag beschloss ich abends anderen Orts, mit wesentlich optimistischeren Erwartungen. Ich suchte ein vom Michelin ausgezeichnetes BiB-Restaurant auf: Das Cordon Bleu war mit einem disparat schmeckendem Rohschinken gefüllt, und seltsam schmeckendem Fett gebraten, aber immerhin nicht aus der Fritteuse. Der Kartoffelsalat zeigte sich als Kartoffelschnitz in Wasser-Essig-Ölsauce in die sich einige Gurkenscheiben verirrt hatten. “Not my party!”