Meine Recherchen zu meinem Buch über das habsburgische, aber auch moderne Wien,
sind ohne gewisse Gewichtszunahme kaum zu bewerkstelligen. Aber ich kann aufatmen, die guten Gasthäuser sind nahezu alle durchgevespert. Insgesamt, kann ich sagen, legen die Wiener wesentlich mehr Wert auf gutes Essen als wir Deutschen. Man kommt sich vor wie im Schlaraffenland. Man hört über Wien natürlich auch Negatives, von Rechtsruck ist die Rede, ich denke aber, das war dort schon immer so, nur wird heute viel darüber geredet. Letztlich war der Österreicher nie gefährlich, bis auf einen.
Insgesamt hat Österreich den Ruf des laissez-faire, um nicht zu sagen der disziplinierten Schlamperei. Leute, ich kann Euch sagen, damit lebt es sich hervorragend, und ob wir’s glauben wollen oder nicht, so ziemlich alles funktioniert besser als in Deutschland, die Bahn sowieso, aber das ist natürlich kein Kunststück, darin sind uns sehr wahrscheinlich sogar die Bulgaren überlegen.
Jetzt aber zum Essen. Wiener Schnitzel ist bei mir ja ein Dauerlutscher, wirklich gut ist es selten. Es braucht dafür nämlich sehr feines Semmelmehl, damit die Kruste dünn bleibt. Das kann man beispielsweise im Restaurant Vestibül, das im Burgtheater untergebracht ist, erleben. Ein ganz wunderbarer Ort wäre die “Meierei” im Untergeschoss des berühmten Feinspitz-Restaurants “Steirer Eck”, im Sacher war der Tafelspitz erstklassig. Wer sich gar nicht auskennt für den wäre das “Plachutta” eine absolut sichere Bank. Es gibt einige Filialen und man könnte fast von einem kleinen Konzern sprechen, aber dessen ungeachtet, besseres gekochtes Fleisch habe ich noch nie erlebt, ganz wunderbar übrigens, das Beinfleisch. Restaurantessen in Wien ist unglaublich preisgünstig. Wie die Wirte damit zurande kommen ist mir unerklärlich. Sind die Steuern günstiger oder liegt es daran, dass der Wiener gerne ausgeht. Mittags und Abends die Gasthäuser allesamt rappelvoll. Der Wirt muss also keine Leerzeiten finanzieren. Außerdem sind die Wohnungsmieten in Wien ungefähr nur halb so hoch wie in Deutschland, da bleibt viel Geld fürs Wirtshaus. Warum das so ist? Siebzig Prozent der Wohnungsimmobilien sind in städtischer Hand, der Wohnungsmarkt ist also ziemlich frei von Heuschrecken und Investoren. In Deutschland ist es auf schrecklichste Weise umgekkehrt
Wie auch immer, das spitzenmäßige Wiener Schnitzel ist mittlerweile auch in Wien eine Seltenheit, vor allem, wenn es im schwimmenden Fett, halb Öl halb Butterschmalz in der Pfanne geschüttelt werden soll. Oft kommt es aus der Fritteuse. Gute Backhendeln sind noch seltener. Dann bestellte ich mir im Restaurant Wolf im 4. Bezirk ein Paprikahendl, ich glaubte bisher, dass es sich dabei um Paniertes handele, das man mit Paprika bestreut. Weit gefehlt, es ist ein Stück Gockel in Paprikasauce.
Übrigens, der Wirt ist der Chef und Widerspruch zwecklos. Vorlaute Piefkes lassen sich dort besser nicht blicken.