Alle Welt labert über Sternerestaurants.
Für eine solide Volksgesundheit ist allerdings die Eckkneipe mit Soleiern und womöglich guten Frikadellen weitaus wichtiger. Man glaube auch ja nicht, dass das Betreiben einer Kneipe ein einfacher Job wäre. Diejenigen Wirte, die es sich einfach machen, womöglich mehr Bierumsatz als die Gäste summieren, solcherart Heros überleben nicht lange.
Ein guter Kneipenwirt hat nach meiner Einschätzung ein psychologisches Einfühlungsvermögen, das ich mir für die gehobene Gastronomie auch häufiger wünschen würde. In der Spitzengastronomie arbeiten unzählige sehr gute Köche. Im Gastraum selbst ist dann oft nur der Säusellautsprecher mit “Easy Listening”, der für die Stimmung und womöglich Sedierung zuständig ist. Ein gutes Gasthaus hat mit gutem Essen zu tun, aber das ist nur die eine Hälfte.
Mindestens so schön wie das Kochen ist für mich der Umgang mit den Gästen. Ist man erstmal aus den Anfangsschwierigkeiten der Serviererei hinaus und hat sich psychologisches Einfühlungsvermögen erarbeitet, sieht man ein, dass man dem Gast freudig und mit ernstzunehmender Professionalität zu Diensten sein sollte, dann wird der Gast Respekt zeigen. Ganz klar, servieren lernt man bei gewisser Begabung schnell, dass der Gast die Kellnerin oder den Ober für voll nimmt, das dauert ein paar Jährchen, und da muss man durch. Es gehört auch dazu dass das Servicepersonal den Mut hat, den Stall sauber zu halten und nicht jedem Unsympathen alles recht machen will. Wenn das alles geklärt ist, dann ist Servieren, Wirten u.s.w. der schönste Beruf und dann kommt erst das gute Kochen. Beides gehört zusammen.
Der Deutsche will ja bekanntlich nicht gerne dienen, aber was macht der Arzt, der Zahnarzt, der Polizist, Handwerker, Schullehrer, Pilot, Professor? Alle machen nichts anderes als dienen!