Meine Universität war schon immer das Restaurant.
Vor 30 Jahren besuchte Martin Walser bereits den Postillion in Schwäbisch Gmünd und ich fühlte mich verpflichtet, sein Zeugs zu lesen. Das war nicht einfach, denn als Koch, noch dazu als junger Koch, ist es schwer die Geduld aufzubringen, manche Sätze zweimal zu lesen. Ich tat es und so lernte ich dazu. Das ging soweit, dass ich mich wegen des Verlegers Gerd Haffmans und Jan Philipp Reemtsma mit Arno Schmid abquälte, mich rauchendem Hirn hineinbiss, solange bis mein verwirrter Schädel Anker warf.
Dan flaute das Interesse an Schwerstliteratur zeitweilig ab, und ich wandte mich einer gewissen jungen, wilden Literatur zu. Es kam nach der kulinarischen Literaturzeitschrift „Die Rübe“, nach zehn Jahren ein Neubeginn mit „Cotta’s Kulinarischem Almanach“ (DerVerleger Michael Klett bestand auf dem falschen Apostroph), mit reichlich sehr guten und seriösen Texten. Nach zehn Jahren machte ich meinen eigenen Literaturladen auf, gründete „Häuptling eigner Herd“ und holte nach der ersten Ausgabe Wiglaf Droste als Starschreiber mit ins unseriöse Boot. Währenddessen beschäftigte sich meine Frau Elisabeth mit Thomas Bernhard der lückenlos gelesen und gesammelt wurde. Für solche Schreibkunst fehlte mir damals die Geduld.
Das habe ich nun in den letzten Monaten nachgeholt. Jetzt kurz vor dem siebzigsten Lebensjahr, habe ich die Konzentration, vielleicht auch den Starrsinn, mich mit Genuss in Thomas Bernhard zu verstiefen. Momentan wühle ich mich zu Peter Handke vor, dem ich, nicht nur als Gast und Mensch, sondern auch als Leser und Freund seiner Weltanschauung mit Freuden folge.
Erstaunlich, wenn nicht gar ärgerlich ist, dass die Literaturkritik, bei allen großen literarischen Schreibern, bevorzugt Satzfragmente aus dem Gesamten herausbricht, und damit gerne plakativ, als sogenannte Kritik, das Lesevolk unkrautet.
Zeitig war mir das ein Wink, den oft eitlen Restaurantkritikern nicht zu folgen, die sich gerne darin sonnen jährlich einem Trend auf Gleis zu verhelfen. Logischerweise fordern sie ständig Neues ein, treiben ständig eine neue Sau durchs Dorf, allein mit dem Ziel als Visionäre sich zu profilieren, und weil es sich über Neues oder Ungewohntes leichter Schreiben lässt.