Schnell lernen
Der Küchenchef im Münchner Restaurant Humplmayr, war einer der besten Köche, die ich kennengelernt habe. Als Pädagoge muss man ihn allerdings zum Totalversager verurteilen. Watschen waren in der Branche üblich, er aber machte es nicht unter einem Kinnhaken. Wer das alles überstand, selbst meine Wenigkeit, hatte aber sich ein Rüstzeug eingebleut um Karriere machen zu können. Er sagte in seiner unverwechselbaren Rhetorik: Klink, du bist ein Arschloch, aber du lernst schnell.
Bei dem Satz komm mir die zukünftige Außenministerin in den Sinn. Mir war Anfangs ganz angst und bang. Einfach so von der Schulbank und vom Schreibtisch weg in die höchste Staatskunst? Die Klage um Ihre Unerfahrenheit relativiert sich jedoch ziemlich, wenn man die festbetonierte Unfähigkeitsroutine der vergangenen GroKo aufrechnet. Ich habe gute Hoffnung, die GroKo war hoffnungslos.
Der genialste Außenminister aller Zeiten, das war Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (1754-1838). Sein Fuß war verkrüppelt, von kleinem Wuchs machte er keineswegs Bella Figura. Seine Ausstrahlung bezwang aber jeden Vorbehalt. Als Adeliger kam er ungeschoren durch die französische Revolution, was schon als Lebensleistung ausgereicht hätte.
Napoleon betrat die Weltbühne und an seinem Aufstieg hatte Tayllerand als sein Außenminister großen Anteil.
Napoleon kam in Verbannung und Tayllerand überstand auch das. Er führte für die Republik Frankreich die Verhandlungen beim Wiener Kongress (1815), bei dem Europa neu geordnet wurde. Frankreich war letztlich völlig im Eimer. Tayllerand beherrschte in Wien jedoch die diplomatische Szene dermaßen souverän, dass Frankreich letztlich der Star der Veranstaltung war und Kaiser und Könige ganz vergaßen, wer eigentlich den Krieg verloren hatte.
Es gibt ja allgemeine, oft von Neid geprägte Vorbehalte gegen Geschäftsessen. Das hat dazu geführt, dass Deutschland weltweit die hintersten Ränge der Gastfreundschaft besetzt hält. Millonenaufträge mit der Sicherung tausender Arbeitsplätze werden beispielsweise, und als Kniefall vor den Gewerkschaften, mit einem mickrigen Maultaschenessen geehrt. Gewerkschaften finde ich ansonsten sehr wichtig, mit dem Ticket des Neids sollte man aber nicht reisen. Solche Kleinlichkeit kann ich nur als Idiotie bezeichnen. Tayllerant machte es ganz anders. Er bediente sich keinerlei Repressalien, hatte keinerlei Trumpf in der Hand, den er seinen Gegnern entgegensetzen konnte. Keine Kanonen, keine Bomben, aber er hatte die schärfste Waffe der Außenpolitik im Gepäck. Es war der beste Koch, der Welt (bis heute), sein Name Antoine Carême. Ich habe alle seine Kochbücher, und wer übrigens solche Werke im Regal hat, der empfindet moderne Kochbücher als Hanswursterei.
Charles-Joseph de Ligne schrieb an Tayllerand: “Der Kongress tanzt, aber er kommt nicht vorwärts. Es sickert auch nichts durch, als der Schweiß dieser tanzenden Herren. Ich glaube auch gesagt zu haben: Dies ist ein Kriegskongress, kein Friedenskongress.”
Jetzt einige Sätze, von Tayllerand zur Politik und der Härte des Lebens:
Außenpolitik ist die Kunst, einem anderen so lange auf den Zehen zu stehen, bis dieser sich entschuldigt.
Ich lüge nie, doch niemand kann mich zwingen, die Wahrheit zu sagen.
Macht ist eine Mahlzeit, die wachsenden Appetit verursacht.
Sich hinzusetzen und nachzudenken ist eine echte Knochenarbeit.
Opposition ist die Kunst, so geschickt dagegen zu sein, dass man später dafür sein kann.
Treu bis in den Tod sind nur die Dummköpfe. Die Treue hat ihre Grenze im Verstand.
Wer eine Wahrheit verbergen will, braucht sie nur offen auszusprechen – sie wird einem ja doch nicht geglaubt.
Unwandelbarkeit in der Politik ist nur ein anderer Ausdruck für Mangel an Verstand.
Ein Diplomat, der „ja“ sagt, meint „vielleicht“, der „vielleicht“ sagt, meint „nein“ und der, der „nein“ sagt, ist kein Diplomat.
Keine Frage, Tayllerand hat seinen Machiavelli sehr verinnerlicht.
begründete den Weltruf der “Grande Cuisine” Frankreichs