Auf der letzten Frankreichreise Richtung Heimat kamen wir nordöstlich von Limoges nach Guéret, einem kleinen gesichtslosen Ort. Es war Mittagszeit. Eva hatte auf dem Handy schon verzweifelt gegoogelt wo es etwas zu Beißen geben könnte. In Frankreich ist das Restaurantsterben voll im Gange. Französische Gastronomie wird durch Döner, Kebap, Pizza und Co. ausgedünnt. Letzte Chance für ein landestypisches Mittagessen war in Guéret das “Hotel le Pommeil”. Es war Sonntag, der 28. September, der Laden mit Familien rappelvoll, ein lustig und lautes Völkchen. Wir bekamen ein Tischlein gegenüber dem Tresen und wohltuend abgerückt von der Bombenstimmung die in dem Laden waberte. Es kam die von trübem Plastik geschützte Speisekarte mit den üblichen Verdächtigen wie “Steak Frites”, dann aber auch ein Geschnetzeltes vom Schwein in Pilzsauce. Ich juckte schwer auf, als ich dann im tiefsten Frankreich, als Komplizin der Sahnesauce, das Wort “Spätzle” entdeckte. Der Wirt erklärte, er sei Elsässer und es gäbe hier die Spezialitäten seiner Heimat.
Ein Elsässer Riesling kam auf den Tisch und dann ein Salat als Vorspeise mit anschließendem Geschnetzeltem. Mit bergeweise “Spätzle” war es nicht getan. Eine Riesenplatte Pommes garantierte optimale Sättigung. Die Champignonsauce aus dem Päckle, hatte höhere Weihen, mir unbekannter Geschmacksverstärker, am Start. Es schmeckte verteufelt gut, was für Evas und meine Anpassungsfähigkeiten spricht.
Insgesamt war es ein sehr freudiges und unvergessliches Erlebnis, was wir der Tochter des Hauses verdankten. Das etwas fünfjährige Mädchen schloss ich gleich ins Herz, denn es tanzte herzerfrischend um uns herum und klaubte sich immer wieder Spätzle, die aussahen wie verbogene kleine Münzen, von meinem Teller. Bei den Pommes griff sie auch zu. Mich erfreute diese Ungezwungenheit, familiärer geht es ja gar nicht. Die kleine Lady hatte ziemliche Dreckpfoten, weil sie auch vor Freude glucksend auf dem unreinen Wirtshausboden herumrutschte.
Als ich mit meinem Vater, dem Tierarzt oft zu Bauernhöfen mitgenommen wurde, sah ich immer wieder völlig verschmutze Kinder. Mein Vater nannte sie Dreckfresser, die nie krank werden.
Jedenfalls das kleine Mädchen, dieses Monument des Unhygienischen, schoss dann vollends den Vogel ab, als es zum Tresen hinüberrutschte. Ein Ehepaar mit Hund beglich dort die Rechnung, und was tat das Mädchen, es gab dem Hund einen Kuss.
Vincents Tagebuch
Guéret
22. Oktober 2025 | Tagebuch
Eine Helikopter-Mammi würde bei diesem Anblick kollabieren.
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