Vincents Tagebuch

„J’Accuse…!“ Guide Michelin

30. September 2025 | Tagebuch

 

Die „Grande Cuisine Française“ (besser: das „gastronomische Mahl der Franzosen“ / le repas gastronomique des Français) wurde am 16. November 2010 in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der UNESCO aufgenommen.

Dieses Kulturerbe hätte von der Institution Michelin gehegt werden müssen. Die klassische Grande Cuisine war schon immer reformbedürftig und wird bis heute noch ständig modernisiert. Daran arbeite auch ich Tag für Tag. Die Wielandshöhe ist bekannt für ihre schwäbische, moderne Küche, aber das Wissen darum ist rein französischen Ursprungs und kommt nicht von unserer Oma.

In Frankreich gibt es für mich von Anfang an, von 1974 bis heute einen wegweisenden Betrieb, das ist das Restaurant Paul Bocuse. Jahrzehntelang drei Sterne. Seit dem Tod des Meisters nur noch zwei Sterne, obwohl heute die gleichen kochen wie damals, denn der Meister hat seit dreißig Jahren keinen Kochlöffel mehr geschwungen. Man sagt diese Küche wäre zu altmodisch schwer. Das stimmt ganz und gar nicht, sie ist nur saugut und man isst freudig alles was auf den Tisch gestellt wird. Das macht pappsatt. Man kann nicht mehr, und dann kommt der Dessertwagen, ein Naturereignis und dann womöglich der Christofle-Käsewagen, und ich beispielsweise kann nicht wiederstehen und alles endet nahe am Knockout.

Wie auch immer, die Grande Cuisine Française gibt es kaum mehr, sie wurde durch Modisches kaputtgemacht, unter starker Mithilfe des Michelin. Was heute in Frankreich Drei-Sterne-Adel ist, das hat mit französischer Küche wenig gemein. Es ist die gleiche Spitzenküche globalen Einflusses wie in London, Spanien, in Deutschland und sonstwo. Es ist eine globalisierte Küche. Das ist alles prima und soll seine drei Sterne behalten. Für französische Küche gehört eine eigene Kategorie her. Der Michelin führt noch die bürgerlichen BIB-Restaurants auf. Diese werden wohl als zweitrangig angesehen und kaum überprüft. Von zehn Restaurant sind höchstens die Hälfte empfehlenswert. Wer in Frankreich gute Küche finden will braucht das Genie eines Trüffelschweins  und keinen Michelinführer. Insgesamt ist alles ein trauriger Niedergang.

Gerade komme ich von ein Frankreichreise zurück und stellte fest, dass gefühlt, nur alle 100 Kilometer eine gute französische Küche geboten wird. Der Rest ist Pizza, Döner, Kebab, Asia. Sorry, Globalisierung hin oder her, ich will als Tourist in Frankreich nicht das gleiche essen wie in Deutschland. Wie sage ich immer so tröstlich, das Schönste an der Wüste sind die Oasen!

Auf dem Weg ins Burgund, in der Nähe von Mulhouse:
“Restaurant La Gare”
68116 Guewenheim
2 D rue de Soppe
https://www.restaurantdelagare-guewenheim.fr
Di. Mi zu./Tel. 03.89.82.51.29

Beispiele für Sternebullshit “Château Courselles-sur-Vesle”