Der richtungsweisende Philosoph der das Denken René Descartes weiterführte ist Immanuel Kant. Er wurde 1724 in Königsberg geboren und ist ebenda 1804 gestorben. Sein Königberg verließ er so gut wie gar nicht. Kant ist bekannt als hartleibig, schmallippig, streng, verkniffen, asketisch, sittenstreng. Er war in Kopf, Gestik und Lebensweise grad so möbliert, wie man sich einen großen Denker vorzustellen hat.
In diesem Jahr wird ausgiebig sein dreihundertster Geburtstag gefeiert. Wie er lebte ist jedoch kaum zu erfahren. Durch seinen Schüler und Bewunderer Reinhold Bernhard Jachmann lässt sich jedoch einiges erfahren. Immanuel Kant, gerade dreißig Jahre alt geworden zog gerne durch die Kneipen. Bier war ihm ein Gräuel, ein preußisches Gift, langsam und tödlich (E.A.Wasianski, Immanuel Kant in seinen letzten Lebensjahren). Er vermutete im Bier eine hohe Todesrate und Hämorrhiden.
Sieht man seine Porträts an, so kann man sich bei dem Pietisten und Geistesriesen kaum den fast täglichen Kneipengänger vorstellen. Doch er spielte fast jeden Abend Billard oder erfreute sich beim Kartenspielen. Er liebte den Wein und erwischte wenigstens einmal (nach Arsenij Gulyga) diverse Gläser oder Flaschen zuviel und konnte seine Wohnung in der Magistergasse in Königsberg nicht mehr finden. Gutes Essen war ihm sehr wichtig, in dem Maße, dass sein Freund, der Geheimrat von Hippel bemerkte, dass er irgendwann einmal eine “Kritik der Kochkunst” schreiben würde. Der geordnete Geist des Philosophen brachte aber Privatleben und sein Denken kaum durcheinander. Er beschäftigte sich nicht mit “Kritik des Geschmacks”, denn Tastsinn, Gehör und das Sehen hatten für ihn obersten Rang. Schmecken und Riechen betrachtete er als niedere Sinne, wie er in seiner “Anthropologie in pragmatischer Hinsicht” veröffentlichte.
Viele Jahre aß er nur im Gasthaus aber irgendwann mied er öffentliche Orte um der Promiskuität von Begegnungen zu entgehen (Michel Onfry). Kant war auch ganz meiner Meinung, dass man nur in Ausnahmefällen mehr als neun Tischgäste bewirten sollte. Im Alter verfuhr er genauso wie ich, keine Verdauungsspaziergänge mehr, sondern der Lebensgeübte schmeißt sich anschließend auf’s Sofa. Kant liebte Kalbssuppe mit Reis, mit Fadennudeln oder Graupen. Wild mochte er nicht, dafür aber Rind und Schwein als Braten. Er musste ganz der Philosoph, überall seinen Senf dazugeben. Kein Fleisch ohne Senf und damit sich alles noch besser verdaute, nahm er nach der Atzung gerne ein Glas Magenwein (ein Verdauungselixier), oder er trank Ungarnwein oder schüttete Rheinwein hinterher. Magenschmerzen waren obligat und dagegen half Rotwein angewärmt und mit Orangenschalen und Pomeranzen parfümiert, alles ein wenig aufgezuckert. “Bischoff” nennt man diesen Punsch. Selbst die gescheitesten Leute können nicht alles Wissen. Das Getränk “Bischoff” sorgt zuverlässig für Sodbrennen.
Reinhold Bernhard Jachmann, “Immanuel Kant geschildert in seinen Briefen an einen Freund”, Königsberg 1804.
Interessant auch die Biographie des Russen Arsenij Gulyga. (his life and thought).