Für Silvester hatte ich den Auftrag für die Süddeutsche Zeitung über Feiern und Luxus zu berichten. Der Redakteur wählte den Titel “Protzdem”. Als ich schrieb kannte ich den Titel noch nicht. Für die SZ zu schreiben ist mir eine Ehre. Das Thema sollte von Luxus und Feiern handeln. Kaviar oder Hummer oder weitgereiste Lebensmittelpreziosen. Ich habe aber einen ganz anderen Begriff von Luxus und den wollte ich eigentlich weiter vermitteln. Sowas will die Herde aber nicht wissen, und eine Zeitung richtet sich nach der Mehrheit und der Erwartungshaltung der Leser.
Für mich ist Luxus: Holzofenbrot, Bauernbutter, ein Gockel von der Wiese, eine selbstgefangene Forelle u.s.w.. Ganz klar, Kaviar darf auch mal sein, auch ein Hummer, wer noch nie einen probiert hat. Mein Frau liebt Hummer sehr. Den letzten hat sie an der normannischen Küste gegessen, das war vor fünfzehn Jahren und sie meinte, sie würde gerne wieder einen verspeisen, wenn sie in die Gegend käme. Dem war nicht so. Alles zu seiner Zeit und wenn die Gelegenheit günstig ist.
Die Süddeutsche Zeitung hat mich überredet, dass man es an Silvester krachen lassen muss. Das stimmt überhaupt nicht, man muss nicht. Für mich ist Verzicht aufs Feiern einfach, weil ich beruflich immer verhindert war. Merke: Wenn der Wirt feiert statt den Gästen, ist der Laden bald pleite. Kurzum ich mag nicht feiern, weil das seit 50 Jahren für mich mit Arbeit verbunden ist.
Am Sonntag besuchte ich mit der Familie den “Hirsch” in Schramberg. Liebe Leser, schauen Sie sich diesen Tisch an, so sieht kein Luxus aus, sondern das ist Tafelkultur. Das ist das, was ein gepflegtes Mitteleuropa ausmacht. Die Küche des “Hirsch” stand dem unglaublich polierten Silber in nichts nach. Herr und Frau Zimmermann setzten sich zu uns. Dann bestellte ich inmitten all dieser Freude eine Flasche “Taittinger Comte de Champagne 2006”, einen älteren Jahrgang. Champagner darf schon sein, aber wenn, dann richtig und nicht weil es die Etikette an Silvester vorschreibt.
Was man sich noch merken sollte, anstatt eines Supermarktchampagner könnte man einen deutschen Winzersekt wählen. Was sich in diesem Segment getan hat ist unglaublich gut. Im Hirn ist leider das Wort “Champagner” mit einer Art Magie behaftet, die kaum Objektivität aufkommen lässt.