Vincents Tagebuch

Regensburger Würste

von | 17. August 2018 | Allgemein

Ganz klar interessiere ich mich für Gourmetküche, 
und da gibt es in Deutschland einiges zu erleben. Vor Freude ausrasten, das befällt mich aber immer dann, wenn etwas ganz, sogenannt Gewöhnliches, richtig gut und mit Herz gekocht wird. Da beginnt die Kunst, und nicht bei Tonkabohne und Schwarzwurzeldip mit Chilli-Schokoraspel.
Letzten Sonntag wollte ich mal ausprobieren was mein Moto-Guzzi-Motorrad aushält und bin dann auf einem Hintern nach Regensburg getuckert. 
In der Nähe der Donaubrücke, die im Jahr des Herrn 1135 erbaut wurde, einen Steinwurf stromab, ragt ein hoher Giebel in den Himmel. Daneben duckt sich ein kleines, uraltes Gemäuer. Trotz gnadenloser Hitze rauchte der Kamin als würde das gesamte Regensburger Bürgertum seine Steuerunterlagen verbrennen. Auf dem Dach dann das Schild: „Historische Wurstküche“. Seit ungefähr 1850 werde hier Würste gegrillt und man könnte ohne weiteres sagen, dass es sich hier um die erste Fastfoodstation der Welt handelt. 
Draußen auf Bierbänken und unter werbefreien Sonnenschirmen werden alle Sprachen dieser Welt gesprochen. Auf solches Gemenschel hatte ich nie Lust, musste aber auf die Toilette und bin dann in das hochgiebelige Haus daneben eingetreten. Ich tauchte in eine ganz andere Welt. Absolute Ruhe. Das helle Gewölbe wachte über sehr schöne Blumensträuße, die Tische leuchteten obendrein von weißem Leinen. Eine Art Stammtisch in der Mitte, ohne Tischtuch, lockte mich zur Rast. Ob man sich da einfach hinhocken darf fragte ich mich, und ich zögerte auch keinen Moment eine Dame hinter dem Tresen zu fragen. Selbstverständlich, bittschön! Die Lady schob mir einen Stuhl unter den Hintern und mir war, als sollte ich hier das Ende der Hitzewelle abwarten.  
Unter meinem schwarzen Motorradhelm, den die Sonne zum Eierkocher missbraucht hatte, war mir das Hirn schon reichlich dehydriert. Ich bestellte eine Radlerhalbe, und um meine extreme Trockenzeit zu beenden, drei Minuten später nocheinmal,. Sechs Würstel auf Kraut gab ich in Auftrag. Mehr wollte ich nicht bunkern, denn für anderthalb Stunden später war ein Tisch in Beilngries, im Hotel Millip”, im Altmühltal bestellt. 
 Man könnte meinen Bauch auch getrost einen Wurstsakophag nennen. Wer mich kennt glaubt mir, denn auch Wurstologe wäre eine zutreffende Bezeichnung für mich. Leute ich sage Euch, die Würstel waren Weltklasse. Gegrillte Würste gibt es ja an jeder Ecke, aber ein Gas- oder Elektrogrill liefert ja überhaupt kein gutes Aroma, allenfalls ein gewisses Brandschatzungs-Brenzel. Hier umwehte mich eine Mischung aus Majoran- und Holzkohlenduft
Diese Würstel waren das Beste an das ich mich herrlich-wurstig erinnern kann. Auch das Sauerkraut, dampfte weinig in die Nase und war keineswegs der häufig so liederlich aufgewärmte, mich malträtierende Sauerkraut-Dreitage-Blues. Schauen Sie sich das Foto an, die Tischkultur, der Brotkorb mit Leinenserviette abgedeckt, meine Serviette hatte ich auf dem Schoß. Was für ein gepflegter Gastraum. Die gesamte Atzung belief sich auf 18 Euro und in meiner Begeisterung gab ich noch 5 Euro Trinkgeld. Das gesamte Servierpersonal kam ständig an meinem Tisch vorbei um den Gerstensaft-Nachschub der Bierbänkler, draußen vor der Türe, sicher zu stellen. Alles Leute vor denen ich meinen Hut ziehe. Auf was es in der Gastronomie wirklich ankommt, auf höchste Qualität und Geradlinigkeit, das kann man hier lernen und ich empfehle das jedem Koch, sich solchen Purismus mal einzuverleiben. Hier kann man den Unterschied zwischen gastronomischen Scherzartikeln, den Potemkinschen Menükarten und das Gegenteil, die gastronomische Wahrheit, die reine Lehre erleben. http://www.wurstkuchl.de