Kein kulinarischer Fundamentalismus

 

 

Fleischliches, Pflanzliches beides wollen wir auf die Spitze treiben. Veganer achte ich sehr, aber für einen Berufskoch sind die Möglichkeiten doch ziemlich eingeschränkt. Dazu kann man stehen und auch in diesem Bereich es zur Meisterschaft bringen. Das ist leider nur bedingt anzutreffen. Um als rundum versierter Koch, auf der Basis der Grand Cuisine sich gut zu etablieren braucht es mindestens 10 Jahre. Man lernt sowieso nie aus. Als junger Koch bleibt da nur die Demut, die leider oft fehlt. Es geht auch nicht nur ums Kochen lernen, sondern man muss auch das Essen gelernt haben. Bei mir ist in meinem Leben, mit meiner Elisabeth zusammen, bestimmt der Wert eines Wohnhauseses geopfert worden. Für uns war das Staunen und Lernen von großen Meistern (Haeberlin, Bocuse, Alain Chapel, Troisgros, Maxims, Grand Vefour, Ducasse u.s.w.) von großer Wichtigkeit, und ist es mir bis heute. Schließlich muss man wissen wo der Hammer hängt.

Lassen wir einmal das Vegane beiseite und würdigen das Vegetarische. Das Wort kann ich nicht leiden, durch viele murksende Enthusiasten und Amateure ist mir das wie verbrannte Erde. Wir auf der Wielandshöhe sprechen lieber von Gemüseküche und das treiben wir mit Leidenschaft auf die Spitze. Es ist ein sehr spannendes und unglaublich variantenreiches Terrain. GRoßes Vorbild ist mit in Paris das Restaurant L’Arpège von Alain Passard. Ein Vegikoch der dort einmal gegessen hat, der wackelt hinterher mit gesenktem Haupt von Dannen. Das Restaurant “Tian” in Wien, rein vegetarisch und vegan, ist auch nicht von schlechten Eltern.
Auf der anderen Seite geht es auf der Wielandshöhe mit Begeisterung ans Fleischliche “from Nose to tail”. Zwischen diesen beiden Welten gilt es ausgewogen zu pendeln. Wer sich ausschließlich für das eine oder andere entscheidet, der soll das machen. Schlimm ist jedes Missionierungsdiktat, das seit Christi Geburt die Menschheit beutelt. Da lobe ich mir den Feingeist von Friedrich dem Großen von Preußen: “Jeder soll nach seiner Fasson selig werden!”

PS: Schlimm finde ich die Erniedrigung des Rostbratens, der heutzutage als “Bollensteak” ähnlich einem Brikett auf den Teller kommt. In der Tradition richtig wäre er sehr dünn geklopft. Dadurch ist er schneller fertig und nennt sich deshalb in Frankreich “Steak à la Minute”. Je dünner man ihn klopft, um so flächiger wird er, um so mehr Oberfläche also Röstfläche hat er. Das ist auch völlig in Vergessenheit geraten. Mittlerweile bin ich bei Gststättenbesuchen schon froh, wenn die Röstzwiebeln nicht aus der Tüte oder durch die Zentralfritteuse ruiniert wurden.

Als Optimist sage ich mir etwas pauschal: Der Rostbraten ist im Schwabenland ganz unten angekommen, es kann nur noch aufwärts gehen.