von Vincent Klink | 23. April 2025 | Tagebuch
Mit den Gefühlen wird in den Medien schwer gehandelt, überhaupt mit dem Bauchgefühl. Mein Arzt, ein durchaus weitläufig gebildeter Mann sagte mir, dass der Bauch gar nichts fühlt, sich nur mausig macht, wenn er zu leer oder zu voll oder sich richtig meldet, wenn Fürze ihn unbewohnbar machen.
Gefühle werden vom Hirn gesteuert, auch das Mundgefühl. Heerscharen von Therapeuten kümmern ich darum und sprechen von Mouthfeeling und dann wäre da noch das das Gehör. Wussten Sie dass beim Essen von Crackers orkanartiger Lärm, in Wucht eines Rockkonzertes aufs Innenohr knattert?
Mund und Ohr sind eng verbunden und so kam es, dass auf jedem Primitiv- und Schlappsalat eine Müllhalde von knackenden Substanzen, ranzigen Nüssen, Kürbiskernen und sonstigen “Kracherle” für knackiges Mundgefühl und so für einen knackigen Körper sorgen sollen.
Schluss mit dem Tortenarsch, der knackige Hintern ist die Votivtafel unserer Zeit. Und dass das so wird oder bleibt muss auch die Spargelzeit herhalten. Der Spargel muss “al dente” auf den Tisch. Die Zeiten sind hart glaubt der Wohlstandsverwahrloste. Je weicher die Birne um so härter das Gemüse. Über Rohes und Gekochtes gibt es ein erschöpfendes Buch von Claude Levi-Strauss. Letztlich ist man mit Rohem näher an der Natur, mit Gekochtem näher an der Zivilisation. Zivilisation ist grob gesagt, das Gegenteil von Barbarei.
Unser zeitgeistliches Mundgefühl befiehlt mittlerweile was schmeckt. Das Schmecken ist größtenteils durch Industrienahrung, Foodfotografie und allgegenwärtigen Chemiezusätze verlustig gegangen.
Meiner Meinung nach muss der Spargel weich sein, aber nicht zu weich. Der richtigen Zeitpunkt ist nicht Glücksache, sondern man lüpft mit einer Gabel eine Spargelstange aus dem Wasser. Biegt sie sich ein wenig, dann liegen wir ziemlich richtig. Wir nehmen nun eine Schere und schneiden einer Stange am hinteren Ende ein zentimeterdickes Stückchen ab, probieren…
Wir nehmen die Spargel heraus, geben sie auf eine Platte, legen eine Stoffserviette darüber und geben einige Esslöffel Spargewasser darüber. So stellen wir die Platte auf den Tisch und können bedächtig genießen, denn der Spargel bleibt warm, Eine Stange lassen wir noch fünf Minuten im kochenden Salz-Zucker-Wasser. Danach werden wir feststellen, dass weicher Spargel leider nicht mehr “knackt” aber eindeutig besser schmeckt. Nun gilt es, ganz wie im Leben, den optimalen Mittelweg zu finden.
PS: Mit breiten Bohnen läuft es ähnlich. Ein wenig zu weich schmecken sie zu unserem Pyrenäenlamm und demnächst zu den Zicklein wirklich saugut.
Und noch etwas wird der Spargel gebraten oder wie auf der Wielandshöhe in Butter geschwenkt dann braucht es wegen fettiger Finger, Messer und Gabel.
von Vincent Klink | 6. Mai 2021 | Tagebuch
Ich zähle mich zur Arbeiterklasse,
also zu Leuten, die mit ihren Händen werkeln. Was ich nicht wusste, dass es die gar nicht mehr gibt. Vielleicht ist das auch der Grund warum es die SPD bald gar nicht mehr gibt.
Tja, aber erhalten blieb die auf Neuschwäbscih, oder Baumarktschwäbisch bezeichnete “human work family”. Das sind Menschen, die irgendwas schaffen, also Facility-Manager (Putzfrau), Köche, Installateure, Gipser, Mechaniker, Müllmänner u.s.w., also Menschen, die irgendwas “worken”, bei denen Muskelkraft gefragt ist und die deshalb, womöglich, in Ermangelung des Hirns, viel weniger verdienen als rachitische Investmentbanker, die nur noch von Armanianzügen zusammengehalten werden.
Für Artgenossen mit den Einkommen von Köchen allerdings, empfiehlt sich beim Spargelkauf Zurückhaltung. Ich ergatterte etwas mehr als ein Pfund, sogenannten “Bruchspargel”.
Man soll ja das Edelgemüse nicht in Stücke schneiden, da der Spargel ein Phallussymbol signalisiert, und solch Anbetungswürdiges nicht zerhackt sein will.
Bruchspargel ist von solchen Mythen frei, da sowieso schon in Stücken zerbrochen. So kann man diese preiswerte Variante des Luxusgemüse auch der “Human work family” in den Kochtopf werfen.
Wir geben reichlich Butter in die Pfanne und verstümmeln die Spargelstücke final in zwei oder drei Zentimeter große Tele, um sie bei Vollgas in die aufschäumende Butter zu befördern. Etwas Salz drüber, Deckel drauf und sofort auf kleine Flamme stellen. Den Vorgang nennt man dünsten, also bei geschlossenem Deckel, den Spargel weichgaren. Anfangs wird er noch vom eigenen Saft vor dem Anbrennen bewahrt. Später gibt man vielleicht noch ein bis zwei Esslöffel Gemüsebrühe dazu. Wasser geht auch, dann aber vielleicht noch das grandiose Pülverchen “Würzl” in geringer Dosis, mit etwas geriebener Muskatnuss und einem Hauch Pfeffer darüber streuen. Wer noch ein bisschen Petersilie hat kann damit das Gericht zusätzlich etwas “aufgrünen”.
Ist der Spargel einigermaßen weich, nach ca. 15 Minuten, kommt der Deckel weg. Mehl und Sahne müssen bereitstehen. Ist jegliche Flüssigkeit verdampf, gerne bei großem Feuer, stäuben wir einen halben Esslöffel Mehl über alles. Sofort gut durchschwenken und mit Elan umrühren und dann unverzüglich mit Sahne das Abrennen verhindern. Wiederum hektisch rühren. Nun haben wir „Spargel à la Creme“ vor uns, wenn zu dick, dann noch Milch oder Sahne dran. Wenn alles zu dünn, das Wunderwerk einkochen bis eine sämige Béchamel den Spargel umschmeichelt. Übrigens Béchamel auf schwäbisch geht so: Bä-schamehl, weil ja Mehl im Spiel ist.
Abschmecken mit etwas Salz, und wenn der Spargel nach Kunstdünger schmeckt noch ein Hauch Zitronenschale dazu.