Perfektion, eine Perversität
Schlamperei will niemand, aber das Gegenteil ist fast noch schlimmer. Protestantische Akribie und übertriebenes Pflichtbewusstsein, so sieht das Ausland uns. Bisher hat dies alles sehr gut funktioniert. Mittlerweile sind wir jedoch bei einem Perfektionismus angelangt, dem die Hunderprozentigkeit nicht mehr genügt, 120 Prozent, darunter machen wir es nicht. Da man das nie erreichen kann, wird auch nichts gemacht, Alle Bremsen festgezurrt und möglichst keine Verantwortung übernehmen. Dafür sind Gutachter und Berater zuständig. Fast jeder politische, sogenannte Entscheidungsträger hat mittlerweile dutzende Berater. Der Politiker ist Politiker, also auf den meisten ihm unterstehenden Wissensgebieten blutiger Laie. Wie soll man Corona managen, wenn nirgends ein gelernter Manager verfügbar ist? Wer sucht denn eine Anwaltskanzlei auf, die keinen Juristen angestellt hat? (Diesen Vergleich habe ich vom wunderbaren Harald Martenstein).
Was an vorderster Stelle fehlt ist Pragmatismus, Risikobereitschaft und auch der Mut mal einen Fehler zu machen. Mögen die verdammten sozialen Netze doch kreischen wie sie wollen. Wenn man vor dieser Verdummungsmaschinerie den Kotau macht, ist der Untergang sicher. Der Politiker, der jeden Deppen mitnehmen will ist nur zu bedauern.
Die sozialen Netze sind natürlich trotzdem sehr wichtig, wichtiger aber noch der Umgang mit Ihnen. Das ist für viele Neuland und informativer Overkill , dessen Sortierung erlernt werden muss. Für mich wäre es durchaus Schulstoff, und müsste ins Ethikfach eingebaut werden (was hoffentlich mancherorts bereits geschieht). Im Netz kann man Sozialverhalten beobachten und lernen Mist vom Guten zu unterscheiden. Letzteres ist sowieso das Geheimrezept allen Erfolges.